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14. Juni 2016

Weiterbehandlung



Rückblick: Donnerstag, 23. August 2012

Es stellte sich heraus, dass der Onkologe, der uns mit seinen Behandlungsplänen überfallen hatte, Prof. N. zuvorgekommen war. Und der konnte es noch immer nicht fassen, dass es sich um ein „Anaplastisches Ependymom“ handeln sollte. „Ich habe den Tumor, seine Struktur, doch mit eigenen Augen gesehen“, murmelte er nachdenklich vor sich hin. Auch die Tumorlage sprach eher für eine andere Tumorart. Dann erzählte er uns einiges über „Anaplastische Ependymome“. Wir sollten auf alle Fälle erst noch einmal den Referenzbefund aus Bonn abwarten. Es könne allerdings ein paar Tage dauern, bis das Ergebnis da sei. Wieder hieß es also warten. Die Schwestern und Pfleger fragten, ob wir mit einer Psychologin sprechen wollten, es gebe extra für diese Situation geschulte Fachkräfte. Gerne nahm ich das Angebot an, Micha wollte nicht. Ich allerdings brauchte Hilfe, um nicht durchzudrehen. Das erste Mal in meinem Leben hatte ich das Gefühl, nicht allein mit einer Situation zurechtzukommen. Kurze Zeit später kam eine sehr gepflegte, sympathische und einfühlsame Frau zu mir. Ich beschwerte mich unter Tränen über den Onkologen oder eher gesagt über seine unsensible Herangehensweise an das Thema. Ich bin ein Freund offener Worte, ich bevorzuge den geradlinigen Weg und klare Aussagen. Aber nicht auf so ungeschickte Art und Weise. Ich weigerte mich, auch nur noch ein einziges Mal mit diesem Mann zu reden. Die Psychologin schlug vor, vorab mit dem Arzt zu sprechen und danach in ihrem Beisein einen erneuten Gesprächsversuch zu starten, da er ein äußerst kompetenter und geschätzter Kollege und Fachmann auf dem Gebiet sei. Wir willigten ein. Und dieses Mal ging der Onkologe sensibler vor. Er entschuldigte sich zuerst. Dann klärte er uns über die Art des Tumors auf, erläuterte die Wichtigkeit einer Weiterbehandlung. Dazu habe er schon Kontakt zu dem Leiter der Kinderklinik Dortmund aufgenommen. Er erklärte uns, dass die Kinder deutschlandweit nach einheitlichen Studien behandelt würden. Die Behandlung richtet sich zum einen nach dem Alter des Kindes, ob der Tumor komplett entfernt werden konnte und ob Metastasen im Rückenmarkskanal vorhanden oder versprengte Tumorzellen im Hirnwasser nachzuweisen sind. Diese dazu erforderlichen Untersuchungen, eine Lumbalpunktion sowie ein MRT des Spinalkanals, würden in den nächsten Tagen anstehen, entweder in Kiel oder direkt in der Klinik, in der Emma (sie heißt Vianne!) weiterbehandelt werden soll. Wir wollten die beste Klinik, die erfahrensten und sympathischsten Ärzte für unsere Tochter, deswegen wollten wir uns nicht gleich auf eine Klinik festlegen, sondern uns vor Ort einen eigenen Eindruck verschaffen. Gut, dass das Ruhrgebiet so gut bestückt ist mit Kliniken. Für uns kamen also mehrere Adressen in Frage. Wir hatten Dortmund und Essen im Fokus. Die Kieler stellten sogleich den Kontakt zu beiden Kliniken und den entsprechenden Ansprechpartnern her.



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