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14. Juni 2016

Operation



Rückblick: Freitag, 17. August, nachmittags


Vianne war traurig: ihre Geschwister durften in das große Wohnmobil umziehen, sie musste mit uns in der Klinik bleiben. Ich bat die drei, sich noch einmal richtig mit Umarmung und Küsschen von Vianne zu verabschieden. "Wird es ein Abschied für immer?", schoss es mir durch den Kopf. Ich war kurz davor, wieder

ins Spielzimmer zu rennen. Zum Glück gingen die übrigen Kinder ohne Probleme mit Andi und Ralf mit. Andi nahm Vianne fest in die Arme: "Du musst mir versprechen, nachher wieder aufzuwachen, dann "….“ Ich habe leider vergessen, was sie ihr versprochen hat, aber es war etwas, voran sich Vianne auch noch im tiefsten Schlaf erinnern sollte, auch wenn sie ganz weit weg ist. Sie sollte allen Grund haben, wieder aufzuwachen.

Der Abschied war schmerzlich, und doch waren wir froh, uns nun voll und ganz auf die "Motte" konzentrieren zu können. Wir bereiteten sie vor auf die anstehende Operation. Wir erklärten ihr, dass etwas in ihrem Kopf sei, was dort nichts zu suchen hätte, und dass der nette Arzt von vorhin diesen Knubbel raus machen müsste. Dafür würde sie einen Zaubersaft kriegen, der sie ins Reich der Träume mitnehmen würde. "Ich habe Durst", sagte Vianne fordernd. Aber sie durfte natürlich nichts mehr essen und trinken. Sie quengelte. Also lenkten wir sie ab, wir spielten voller Inbrunst mit ihr, alles was sie wollte und solange sie wollte. Es wurde 15 Uhr, 16 Uhr. Sollte die Operation etwa doch nicht stattfinden? Ich wollte dieses riesige Ding jetzt aus ihrem Kopf haben, bevor es sich weiter einnisten und zerstören konnte, auch wenn ich eine wahnsinnige Angst vor der Operation hatte. Aber wenn sie sowieso operiert werden musste, dann jetzt.

Irgendwann kam eine Schwester und brachte einen Mini-OP-Kittel für Vianne mit. "Ein Kleid mit Bärchen, Mama", rief Vianne erfreut. "Ja, ein Kleid mit Bärchen", sagte ich liebevoll, während sich mein Blick verschleierte. "Es ist gleich soweit", sagte die Schwester. Wir hatten vorher besprochen, dass Vianne bei uns auf dem Arm einschlafen darf. Wir fuhren mit dem Aufzug bis vor den Operationsbereich. Vianne lag in meinen Armen, Micha stand ganz dicht bei uns. Die Narkose wurde eingeleitet. Ich sprach ganz leise zu ihr, erzählte ihr noch etwas von einem See, ich summte und sang, sie wurde immer schlaffer in meinen Armen. Wir küssten sie auf die Stirn. Sie schlief. Sofort übernahm das Narkoseteam. Die Tür fiel hinter ihnen zu. Wir standen da. Leer. Und dann brachen alle angestauten Tränen mit einem Mal heraus.



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