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14. Juni 2016

Uniklinik



Rückblick: Donnerstag, 16. August, kurz vor Mitternacht


Wir gingen zügig zu unserem Auto, wir alle waren kurz vor einer Hysterie. Am Auto angekommen, ging ein Fenster auf. „Was ist das für ein Krach dort unten?“, schrie eine Stimme auf uns herab. Es berührte mich nicht. Nur der eine Satz hielt mich über Wasser: „Ihre Tochter wird wieder gesund.“ Wir schafften es ohne Unfall zur Uniklinik. Luke und Jesse eilten mitten in der Nacht mit uns zwischen den Unigebäuden her. Sie weinten nicht mehr. Mein Mann hatte Ada auf dem Arm, ich Vianne. Sie wog nichts, ich wäre bis ans Ende der Welt mit ihr in meinen Armen gerannt. Wir probierten Ruhe in die Situation zu bringen. Ob uns das gelang weiß ich nicht. Aber die Klinik gab uns irgendwie Sicherheit. Schließlich fanden wir den richtigen Eingang. Wir wurden nett von den Nachtschwestern in Empfang genommen. Kurz darauf kam der Arzt. Vianne machte trotz der späten Stunde noch gut mit bei den neurologischen Tests und den kleinen Untersuchungen. Der Arzt schaute sich die MRT-Bilder an. Es war uns klar, dass wir hierbleiben mussten. Ich wollte auch nicht weg, obwohl ich, wie wohl so viele andere Menschen auch, eine natürliche Abneigung gegen Krankenhäuser habe. Auch Vianne schien sich endlich fallenlassen zu können, als ob sie angekommen wäre. Sie wirkte das erste Mal richtig erschöpft, ganz unabhängig von der Uhrzeit. Ihr Unterbewusstsein schien zu sagen. „Hier darf ich jetzt richtig krank sein.“

Weißt du, woran du merkst, dass deine Welt völlig aus den Fugen geraten ist? Ich bin mit meiner Familie und dem Arzt gemeinsam im Fahrstuhl auf die Station gefahren. Ich habe furchtbare Angst vorm Fahrstuhlfahren, Angst, stecken zu bleiben und mich nicht von allein fortbewegen zu können im engen Fahrstuhlschacht. Es war mir in diesem Moment egal. Nur Vianne zählte, dieser kleine Blondschopf mit diesem scheußlichen, riesigen Tumor in seinem Köpfchen.



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