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16. Juni 2016

Kontroll-MRT



Rückblick: 30. Oktober 2012


Vor diesem Tag haben wir immer besonders Angst - die MRT-Kontrolle. Wieder eine Kurznarkose, wieder sechs Stunden kein Essen, wieder in die "Röhre", wie Vianne mittlerweile wie ein alter Profi zu sagen pflegt. Am Abend zuvor bekamen wir mitgeteilt, wann sie am nächsten Tag an der Reihe ist. Ja, wir verbrachten viel Zeit im Krankenhaus, wenn nicht stationär, dann ambulant zum "Fingerpiks", zur neurologischen Kontrolle, zum Spülen des Broviak-Katheters (damit er sich nicht zusetzt), zum EEG, zur augenärztlichen Untersuchung, zum Hörtest,... Wir mussten uns also endlich mit dem Krankenhaus arrangieren. Wir lernten immer mehr Eltern und Kinder auf Station kennen. Da war der kleine D. aus der Ukraine, der mit seiner Oma die Therapie über sich ergehen ließ, da war die sechsjährige D. mit ihrer Mutter, die schon das 2. Mal wegen einer Leukämie behandelt wurde. Der kleine B. war so aufgeschwemmt vom Cortison, dass kaum Gesichtszüge zu erkennen waren. Mit A. und seiner Mama konnten wir uns nur mit Händen und Füßen verständigen, denn sie kamen aus Armenien und sprachen leider weder deutsch noch englisch - und wir kein armenisch. Und dann gab es da noch Lilli und ihre Mama, über die wir uns immer besonders freuten. Gemeinsam klebten Lilli und Vianne Sticker auf, und ich trank mit Lillis Mama etliche Krankenhaus-Kaffee zusammen, vom ersten Moment an fand ich sie super sympathisch. Es entwickelte sich ein Paralleluniversum zu der Welt dort draußen, und auch hier kehrte Alltag ein. Dienstags kamen immer die Clowns, zwischen 10 und 12 war jeden Tag Visite, freitags war der Chefarzt mit dabei. Ich habe es mir nie vorstellen können - aber das war jetzt unser Leben, und das war auch okay so, denn für Vianne schien es in Ordnung zu sein. An den MRT-Terminen - an diesem Tag machten wir den Anfang - bekam sie immer ein Lillifee-Heft und anschließend wurden im Kiosk gegenüber unzählige Süßigkeiten gekauft - aus Sicht einer Dreijährigen kein schlechter Deal.

Vianne sollte wieder das Dormicum, den Beruhigungssaft, nehmen. Eine kleine Tortur, denn das Zeug schmeckt sehr bitter, sogar mit Saft verdünnt. Mit Engelszungen überredete ich sie schließlich zur Einnahme. Eine halbe Stunde dauert es ungefähr, bis der Saft seine Wirkung entfaltet. Dann konnten wir hinüber ins Hauptgebäude. Im Vorraum zum MRT stöpselten die Anästhesisten schließlich einen der beiden Broviakschenkel für das Narkosemittel an. Während die Ärzte auf Station äußerst penibel mit dem Zugang umgehen und alles immer steril verpacken, damit möglichst keine Keime eindringen, fassten die Anästhesisten die Verbindungsstelle mit bloßen Händen an. Na, super. Man habe einfach unterschiedliche Auffassungen, erklärte man uns. Mir war nicht wohl dabei, einen verunreinigten Katheter konnten wir nicht auch noch gebrauchen. Vianne schlief sanft in unserem Beisein ein. Ich erzählte ihr dabei von Lillifee und ihrem Einhorn Rosalie, wie sie am See wunderschöne leuchtende Lampions für das große Frühlingsfest aufhängen. Geschafft! Dann hieß es wieder warten, vor dem MRT-Raum, auf den Stühlen. Dort hielten wir es nicht lange aus. Micha war zum Glück bei mir. Er ging zwar morgens erst ins Büro, sobald aber der Beruhigungssaft verabreicht wurde, rief ich ihn an und er kam schnell vorbei. So musste er sich nicht immer einen Tag Urlaub nehmen, denn wir mussten gut mit diesen Tagen haushalten. Wir tigerten zum Kiosk und holten uns einen Latte Macchiato. Zurück in den Wartebereich. Ein Blick zur Uhr. Bereits 40 Minuten um, warum dauerte es - verdammt noch mal - so lange? Hatten sie was entdeckt? Schnell zum Wasserspender, etwas trinken, hatte keine Spucke mehr im Mund. Die Tür zum MRT-Raum ging auf. Wie guckten die Ärzte? Was sagte uns ihr Blick? Natürlich nichts - Ergebnisse gibt es erst morgen. Vianne schlief noch tief und fest. Durch den dunklen, engen Tunnel fuhren wir zurück auf die Kinderstation. Herz und Atmung wurden weiter überwacht. Vianne nennt das Messgerät an ihrem Finger immer den Leuchtfinger - sie mag ihn nicht. Micha und ich waren erst einmal froh, dass sie das MRT überstanden hatte. Wir ließen sie danach lange ausschlafen. Wird sie zu früh wach, ist sie sehr knatschig. Und dann aß sie.

Auszug aus dem Krankenhaus-Bericht: "Am 30.10.2012 erfolgte erstmals eine radiologische Verlaufskontrolle mittels MRT des Schädels. Dieses zeigte erfreulicher Weise keinen Anhalt für ein Rezidiv der Grunderkrankung, sodass wir nach einer ausreichenden hämatologischen Rekonstitution mit dem zweiten Therapiezyklus beginnen werden."

Kein neuer Tumor!

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