Rückblick: weitere drei Tage
Alles
in allem tat die Lebendigkeit unserer Umgebung und vor allen Dingen das Meer in
unmittelbarer Nähe unseren geschundenen Seelen unbeschreiblich gut. Schon immer
war ich ein ausgesprochener „Atmosphären-Mensch“ gewesen. Trost spendete ein
wunderschöner alter botanischer Garten, angrenzend an
das
Klinikgelände. Dort verbrachte ich viel Zeit mit Nachdenken inmitten der grünen
Sträucher, bunten Blumen und prächtigen Trauerweiden. Jeden Tag nahmen Micha
und ich uns abwechselnd eine Auszeit, in der jeder dem Krankenhaus einen Moment
entfliehen und für sich sein konnte, um Kraft zu tanken. Im Krankenhaus
spielten und lasen wir viel mit Vianne. Die Schwestern, Pfleger und Ärzte waren
alle so liebenswert. Ein Pfleger von der gegenüberliegenden Station zeigte
Vianne ein Aquarium im Aufenthaltsraum, um das er sich kümmerte. Und Daniela
brachte irgendwann ein knallrotes Bobby-Car vorbei,
mit dem Vianne laut lachend über den Flur flitzte. Sie machte von Tag zu Tag
Fortschritte.
Meine
liebe Freundin Uli besuchte uns mit Loulou, ihrer Tochter. Es schien mir
Ewigkeiten her, dass wir in ihrem Gehöft unseren Urlaub verbracht hatten. Vianne
tat es gut, nach all den vielen Erwachsenen ihre “große“ Freundin um sich zu
haben. Loulou war bereits „Vorschulkind“. Und mir tat Uli gut. Sie brachte einen
selbstgebackenen Apfelkuchen mit, die Äpfel stammten aus dem eigenen Garten.
Was für eine liebe Geste, es hatte so viel von Geborgenheit und Wohlfühlen,
aber ich bekam keinen Bissen runter. Später erzählte mir meine Freundin, wie
schlecht sie sich im Nachhinein gefühlt habe, dass sie uns diesen „Heile-Welt-Apfelkuchen“
mitgebracht hat. So ein Blödsinn, es war eine sehr, sehr liebe Geste. Sie gab
und gibt uns so viel Halt. Sie hat das richtige Maß an Einfühlungsvermögen, sie
strahlt Ruhe aus, hört genau hin und gibt gute, wohl überlegte Denkanstöße. Wir
können gemeinsam weinen und lachen und verstehen uns auch ohne Worte. Als ich
sie kurz nach Viannes Befund anrief, weinten wir beide leise. Und nun lachten
wir gemeinsam, während unsere Mädels auf der Seeschlange an der Promenade
ritten. Sie hatte Angst vor diesem Besuch gehabt, denn sie wusste nicht, was
sie erwartete. Sie war erleichtert, als sie Vianne mit eigenen Augen sah, eben
diesen kleinen „Wildfang“, den sie in Erinnerung hatte. Loulou hatte ihr
Malstifte und Bücher mitgebracht
und ihre Schmetterlingsaufkleber. Die haben uns seitdem bei jedem
Krankenhausaufenthalt begleitet, denn die Schmetterlinge lassen sich problemlos
aufkleben und wieder abziehen. Dieser Tag gaukelte uns ein wenig vertrauten,
wohltuenden Alltag vor.
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