12. Januar 2015
Je
näher der Bestrahlungstermin rückt, desto unruhiger und zweifelnder werde ich.
Was wissen die Mediziner eigentlich über Krebs? Schon viel, aber letztendlich
viel zu wenig. Sie haben immer noch nicht die Ursache gefunden, bekämpfen
lediglich die sichtbaren Tumore. Sie gehen unter anderem von genetischen oder
epigenetischen Veränderungen aus. Diese Theorie hinterlässt aber ebenso viele
unbeantwortete Fragen. Warum gibt es keinen Herzkrebs? Warum tauchen Metastasen
häufig in Lunge und Leber auf, nicht aber im kleinen Finger?
Warum kriegen Patienten mit unterschiedlichen Krebserkrankungen ähnliche
Medikamente und Behandlungen, obwohl man mittlerweile weiß, dass sich die
verschiedenen Krebsarten so sehr unterscheiden wie Herpes vom Beinbruch? Warum
würden etliche Ärzte für sich selbst keine Chemotherapie in Anspruch nehmen
(habe ich mal gelesen)? Und stimmt diese Aussage? Fahren sie diese aggressiven
Therapien bei ihren Patienten, weil sie nichts anderes anzubieten haben?
Schießen sie deshalb mit Kanonen auf Spatzen? Und die, die etwas anderes
anzubieten haben, haben häufig keine Belege für die Wirksamkeit ihrer Mittel
und Maßnahmen. Warum nicht? Es stehen genügend Gelder aus privaten Fonds zur
Verfügung, die nur abgerufen werden müssten, um komplementärmedizinische
Ansätze in klinischen Studien zu beweisen - oder zu widerlegen. Oder lassen
sich manche Dinge gar nicht beweisen? Wir lassen uns heute so viel leiten von
Aussagen, die sich auf Statistiken und Blutwerte beziehen. Dabei schauen die
Ärzte zu oft nicht mehr auf den Menschen an sich. Eine gründliche Anamnese, ein
Blick in die Augen, auf die Haut, auf das Innenleben - das, was früher Ärzte,
Heiler, vergangene Kulturen praktiziert haben,
kommt heute oftmals zu kurz. Statistiken, Werte, Zahlen bestimmen die Diagnose
- nicht aber der menschliche Faktor. Diese Lücke füllen mittlerweile die
Heilpraktiker/ Anthroposophen/ Alternativmediziner aus. Und sie haben großen
Zulauf. Aber auch wir müssen lernen, uns richtig zu betrachten, in uns zu
horchen. Das ist schwer. Oftmals heißt es, dass alternative Ansätze nur dann
wirken, wenn der Patient nicht durch aggressive Therapien vorbelastet ist. Das
setzt unter Druck. Aber klar: wenn ich mit einem lästigen entzündeten Fingernagel
zu tun habe, fällt mir die Entscheidung leicht, mich in die Hände von
Homöopathen, etc... zu begeben. Bei schweren Erkrankungen renne ich zum Arzt.
Erst wenn mir dieser sagt, es gebe keine Therapie mehr für mich, wende ich mich
wieder Alternativen zu. Ich glaube, ich habe nicht die Kraft, die Protonentherapie
abzusagen.
Ich
lese momentan so viel, dass ich schon selbst nicht mehr weiß, was ich denken
soll. Ich weiß nur, das Querdenken nicht verkehrt ist. Micha meint, wir würden
uns im Kreis drehen. Ich kann diese Gedanken aber nicht abschalten. Vielleicht
schädigen wir Vianne letztendlich mehr mit den aggressiven Maßnahmen, vielleicht
zerstören wir damit ihre letzte Chance auf die Aktivierung ihrer
Selbstheilungskräfte (an die ich glaube). Vielleicht nehmen wir ihr die Chance
auf ein paar unbeschwerte Monate, Jahre? Vielleicht schenken
wir
ihr damit noch ein paar Monate, Jahre? Vielleicht ist die Protonentherapie ein
Segen. Wenn ich Vianne sehe, kann ich nicht glauben, dass sie so krank ist. Ich
schaue sie mir doch genau an, oder nicht? Richtig krank wirkte sie immer erst
durch die Therapien. Unser Körper ist so intelligent und durchdacht angelegt,
mit so vielen Kontroll- und Selbstheilungsmechanismen. Klar kann man
argumentieren, Viannes Kontrollsystem habe schon mehrmals versagt, aber
vielleicht hat es gar nicht versagt, sondern durchläuft nur langsam verschiedene
Prozesse, die wir nicht verstehen. Vielleicht haben wir durch unser massives
Eingreifen dazu beigetragen, ein empfindliches, ausgeklügeltes System aus dem
Gleichgewicht zu bringen? So viele Menschen sterben letztendlich durch die
Therapien und nicht durch die eigentliche Krebserkrankung. Viele sind nach den
aggressiven Therapien jedoch auch geheilt. Aber zu welchem Preis? Zudem kann
uns niemand eine Garantie auf Heilung nach der Behandlung geben, aber alle
können die heftigen Nebenwirkungen aufzählen. Kann eine Heilung letztendlich
auch ohne aggressive Maßnahmen erzielt worden? Vielleicht hört die Tumoraussaat
von allein auf, allen Statistiken zum Trotz. Oftmals heißt es in der Medizin,
dass das Medikament/die Behandlung bei x Prozent der Patienten anschlägt. Das
heißt aber noch lange nicht, dass diese Patienten dann geheilt sind, sondern
nur, dass sie drei Monate länger gelebt haben als diejenigen, die dieses
Medikament/ diese Behandlung nicht bekommen haben – nur dass diese Monate
oftmals geprägt sind von Nebenwirkungen und schlechter Lebensqualität. Micha
hat Recht: wir drehen uns im Kreis. Denn ich habe letztendlich (noch?) nicht
die Kraft, den schulmedizinischen Weg zu verlassen...irgendwie erbärmlich. Ich
traue mich nicht, mich auf mein Gefühl zu verlassen, weil ich nicht weiß, ob
mich mein Gefühl trügt. Ob es zu sehr vom Wunschdenken geprägt ist. Ich traue
meinen Entscheidungen nicht mehr. Ich traue mir momentan nicht mehr. Ich
bräuchte ein mächtiges Zeichen, um den Weg für uns (wieder) zu finden. Aber
dafür müsste ich glauben. Und ich weiß noch nicht einmal, ob ich an irgendetwas
glaube...
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