24. November 2014
Wir
hatten ein schönes Wochenende mit lauter nettem Besuch und einem Ausflug zu
einem stimmungsvollen Adventsmarkt in der Nähe. Die Kinder sprangen solange in
der Scheune durchs Stroh, bis die Halme mächtig in der Strumpfhose pieksten.
Zwischendurch wurden Pferde, Ziegen und Schafe gestreichelt. Ich habe einen wunderschönen
alten Küchentisch entdeckt, den ich schließlich gekauft habe. Punsch und
Glühwein schmeckten lecker. Sonntagabend kam mir Vianne wieder unnatürlich heiß
vor. Ich holte das
Fieberthermometer
vom Schrank. Mein Verdacht bestätigte sich wenige Minuten später: Fieber!
"Nein. Nicht schon wieder", war mein erster Gedanke. Vianne klagte
über böses Halsweh. Sie roch nicht wirklich gut aus dem Mund. Ich tippte auf
Mandelentzündung. Mensch, es tat mir so leid, dass sie sich schon wieder einen neuen
Infekt eingefangen hatte. Der letzte war gerade einmal zwei Wochen her. Ja, ihr
Immunsystem ist vom Temodal geschwächt und hat zu kämpfen, das bestätigte auch
Dr. B. heute Morgen bei der Blutuntersuchung.
Micha
war mit Vianne sicherheitshalber in die Klinik gefahren. Der Entzündungswert im
Blut ist hoch, die Immunabwehr wackelt, die Leberwerte sind zum Glück in
Ordnung (Temodal kann auch die Leber schädigen). Während die übrigen Kinder
lediglich von einer Schnupfennase oder leichter Heiserkeit belästigt werden,
haut es Vianne nun regelmäßig um. Sie muss wieder ein Antibiotikum nehmen. Aber
wir wollen nicht jammern: Hauptsache, kein neuer Tumor.
Zum
Glück konnte Micha heute Zuhause bleiben, denn ich musste in die Redaktion.
Normalerweise arbeite ich immer mittwochs. Da wir an diesem Mittwoch jedoch den
Termin in der Strahlenklinik haben, hatte ich im Vorfeld besprochen, am
heutigen Montag zu kommen. Ich habe keinen Resturlaub mehr und wollte nicht
schon wieder wegen eines Krankheitsfalls absagen. Zudem mag ich meinen Job. Ich
mag ihn, weil ich gerne schreibe, weil ich gerne auf Pressetermine gehe und
weil ich es liebe, mich in neue, mir bis dato nicht zugängliche Themengebiete
einzuarbeiten - meistens jedenfalls. Heute hatte ich die Möglichkeit, mir ein
nagelneues Herzkatheterlabor in einer Klinik anzuschauen. Häufig helfen mir die
Pressetermine dabei, Viannes Erkrankung abzuschütteln. Ich konzentriere mich
einfach auf meinen Job. Heute allerdings holte mich meine Realität ein. Nach
offiziellem Ende des Pressegesprächs nahm mich ein Mitarbeiter zur Seite und
wollte wissen, ob ich aus dem Gesundheitsbereich
käme, da ich ein paar sehr fachbezogene Fragen gestellt hätte. Bäng! Möglichst
nüchtern antwortete ich, dass unsere Tochter schwer krank sei und wir uns
gezwungenermaßen mit gewissen medizinischen Themen auseinandersetzen
müssten. "OH, das tut mir sehr leid", antwortete er betroffen. Mist!
Im Pressegespräch zuvor - eigentlich ging es um ein Jugend-Fußballturnier -
erzählte mir mein Gesprächspartner, dass seine Frau vor einigen Jahren
innerhalb kürzester Zeit an Krebs verstorben sei. Doppel-Bäng!.
Vianne
hat keinen Bock mehr, krank zu sein. Sie ist heute sehr anhänglich, zittrig,
weinerlich, müde, will keine Medizin nehmen. Ich kann es so sehr verstehen.
Immer wieder ist sie tagsüber eingeschlafen. Ada hingegen hat sich gelangweilt.
Es ist immer eine Gradwanderung, allen gerecht zu werden. Mit einer gemeinsamen
Runde "Das verrückte Labyrinth" und Tilda-Apfelkern-Geschichten und
super leckerem Winterapfel-Kinderpunsch konnten wir sie schließlich aufmuntern.
Vianne kam nach dem zu Bett gehen plötzlich weinend die Treppe runter:
"Halsweh, Schnoddernase, kann nicht einschlafen". Sie ist sehr
traurig, dass sie morgen wahrscheinlich nicht zur Klinik-Weihnachtsfeier gehen
kann. Nach Nasentropfen, Schmerzsaft und ganz vielen Streicheleinheiten und dem
Versprechen, falls irgend möglich die Weihnachtsfeier
zu besuchen, schlummert sie nun friedlich in unserem Bett. Eine gute, geruhsame
Nacht!
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