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26. November 2016

Echtzeit! Anfällig



 24. November 2014

Wir hatten ein schönes Wochenende mit lauter nettem Besuch und einem Ausflug zu einem stimmungsvollen Adventsmarkt in der Nähe. Die Kinder sprangen solange in der Scheune durchs Stroh, bis die Halme mächtig in der Strumpfhose pieksten. Zwischendurch wurden Pferde, Ziegen und Schafe gestreichelt. Ich habe einen wunderschönen alten Küchentisch entdeckt, den ich schließlich gekauft habe. Punsch und Glühwein schmeckten lecker. Sonntagabend kam mir Vianne wieder unnatürlich heiß vor. Ich holte das
Fieberthermometer vom Schrank. Mein Verdacht bestätigte sich wenige Minuten später: Fieber! "Nein. Nicht schon wieder", war mein erster Gedanke. Vianne klagte über böses Halsweh. Sie roch nicht wirklich gut aus dem Mund. Ich tippte auf Mandelentzündung. Mensch, es tat mir so leid, dass sie sich schon wieder einen neuen Infekt eingefangen hatte. Der letzte war gerade einmal zwei Wochen her. Ja, ihr Immunsystem ist vom Temodal geschwächt und hat zu kämpfen, das bestätigte auch Dr. B. heute Morgen bei der Blutuntersuchung.
Micha war mit Vianne sicherheitshalber in die Klinik gefahren. Der Entzündungswert im Blut ist hoch, die Immunabwehr wackelt, die Leberwerte sind zum Glück in Ordnung (Temodal kann auch die Leber schädigen). Während die übrigen Kinder lediglich von einer Schnupfennase oder leichter Heiserkeit belästigt werden, haut es Vianne nun regelmäßig um. Sie muss wieder ein Antibiotikum nehmen. Aber wir wollen nicht jammern: Hauptsache, kein neuer Tumor.
Zum Glück konnte Micha heute Zuhause bleiben, denn ich musste in die Redaktion. Normalerweise arbeite ich immer mittwochs. Da wir an diesem Mittwoch jedoch den Termin in der Strahlenklinik haben, hatte ich im Vorfeld besprochen, am heutigen Montag zu kommen. Ich habe keinen Resturlaub mehr und wollte nicht schon wieder wegen eines Krankheitsfalls absagen. Zudem mag ich meinen Job. Ich mag ihn, weil ich gerne schreibe, weil ich gerne auf Pressetermine gehe und weil ich es liebe, mich in neue, mir bis dato nicht zugängliche Themengebiete einzuarbeiten - meistens jedenfalls. Heute hatte ich die Möglichkeit, mir ein nagelneues Herzkatheterlabor in einer Klinik anzuschauen. Häufig helfen mir die Pressetermine dabei, Viannes Erkrankung abzuschütteln. Ich konzentriere mich einfach auf meinen Job. Heute allerdings holte mich meine Realität ein. Nach offiziellem Ende des Pressegesprächs nahm mich ein Mitarbeiter zur Seite und wollte wissen, ob ich aus dem  Gesundheitsbereich käme, da ich ein paar sehr fachbezogene Fragen gestellt hätte. Bäng! Möglichst nüchtern antwortete ich, dass unsere Tochter schwer krank sei und wir uns gezwungenermaßen mit gewissen medizinischen Themen auseinandersetzen müssten. "OH, das tut mir sehr leid", antwortete er betroffen. Mist! Im Pressegespräch zuvor - eigentlich ging es um ein Jugend-Fußballturnier - erzählte mir mein Gesprächspartner, dass seine Frau vor einigen Jahren innerhalb kürzester Zeit an Krebs verstorben sei. Doppel-Bäng!.
Vianne hat keinen Bock mehr, krank zu sein. Sie ist heute sehr anhänglich, zittrig, weinerlich, müde, will keine Medizin nehmen. Ich kann es so sehr verstehen. Immer wieder ist sie tagsüber eingeschlafen. Ada hingegen hat sich gelangweilt. Es ist immer eine Gradwanderung, allen gerecht zu werden. Mit einer gemeinsamen Runde "Das verrückte Labyrinth" und Tilda-Apfelkern-Geschichten und super leckerem Winterapfel-Kinderpunsch konnten wir sie schließlich aufmuntern. Vianne kam nach dem zu Bett gehen plötzlich weinend die Treppe runter: "Halsweh, Schnoddernase, kann nicht einschlafen". Sie ist sehr traurig, dass sie morgen wahrscheinlich nicht zur Klinik-Weihnachtsfeier gehen kann. Nach Nasentropfen, Schmerzsaft und ganz vielen Streicheleinheiten und dem Versprechen, falls irgend möglich die Weihnachtsfeier zu besuchen, schlummert sie nun friedlich in unserem Bett. Eine gute, geruhsame Nacht!

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