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26. November 2016

Echtzeit! Waldshut



Dienstag, 27. Januar 2015

Ich sitze auf dem Sofa, auf dem ich vor anderthalb Jahren etliche Abende verbracht habe. Waldshut sieht im Winter ganz anders aus als im Sommer - steht der Stadt und dem kleinen Örtchen Gaiß, in dem wir wieder unsere Ferienwohnung haben, aber auch sehr gut. Nach nur sechs Stunden Fahrt inklusive Pause sind wir am frühen Nachmittag relativ entspannt eingetroffen. Die Mädchen haben nicht gestritten und unzählige Bibi-und-Tina-Folgen auf CD gehört. Wir haben die Route durch den märchenhaft verschneiten Schwarzwald gewählt, vorbei am Schluchsee, in dem wir beim letzten Mal noch gebadet haben. Die Gefühle schwappten sofort hoch, als ich an all diesen vertrauten Punkten vorbei kam. Ja, wir kennen uns hier mittlerweile gut aus.
Unsere Vermieterin begrüßte uns herzlich - es kommt mir vor, als wären wir nur kurz weg gewesen, nicht anderthalb Jahre. Lustig war, dass sie nicht wusste, unter welcher Mütze Vianne steckte - sie kannte sie nur als knapp Vierjährige - ohne Haare, blass und dünn. Nach der Begrüßung hat sie mitgeholfen, unsere unzähligen Koffer, Lebensmitteltaschen, Spielzeugkisten,... in die Wohnung zu befördern - sie ist so hilfsbereit. Danach haben wir über eine Stunde gequatscht. Was für ein schönes Ankommen. Ada und Vianne konnten sich noch gut an "unsere" Wohnung erinnern. Im Sommer vor anderthalb Jahren haben sie immer den ganzen Balkon unter Wasser gesetzt, nun setzen sie mit ihren pitschnassen Schneestiefeln den Flur unter (Tau-)Wasser. Wir waren schon Schlittenfahren, und der Bauer (unser Vermieter) hat uns auf seinen Treckerfahrten zu gewunken, als er an unserer Piste vorbeikam.
Vor dem Einschlafen hatten Ada und Vianne plötzlich Heimweh. Ich habe ihnen eine ausgedachte Geschichte vom Igel erzählt, der einige Zeit weit weg von Zuhause bei dem schlauen Fuchs auf der Waldlichtung zur Behandlung bleiben muss, weil er sich am Fuß verletzt hat und kein Arzt Zuhause ihm helfen kann. Am ersten Abend bekam der Igel ebenfalls schreckliches Heimweh. Der Kranich, der ihn zuvor in einem Tuch hergeflogen hatte, spielte am Abend den Postkranich und brachte dem einsamen Stachelpelz einen Brief von seinen Igelfreunden. Fazit: nach einiger Zeit ist auch das Fremde vertraut - und: das schönste am Heimweh ist das Nachhausekommen. Dann haben die Damen noch ausgiebig mit ihrem Papa und Luke telefoniert, und danach war alles wieder gut. Beide schlafen jetzt tief und fest. Ich hoffe, ich kann das auch. Der Abend und auch der heutige Morgen vor der Abfahrt waren emotional sehr aufwühlend - für alle Beteiligten. Es gab nicht nur innige Momente, sondern auch bittere, entzweiende Momente, weil alle so angespannt waren. Aber ich glaube, das ist normal, und jetzt ist auch alles wieder gut. Jetzt lassen wir morgen alles Weitere auf uns zukommen. Ich sitze auf dem Sofa, auf dem ich vor anderthalb Jahren gesessen habe, in einen dicken Wollpulli gekuschelt, mit einem leckeren Vanille-Orangen-Ingwer-Tee auf den Knien. Ich bin verzweifelter denn je - aber aus irgendeinem (mir unerklärlichem) Grund hat sich auch eine tiefe innere Ruhe in mir ausgebreitet - zumindest für den Moment...und nur der zählt.


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