Dienstag, 27.
Januar 2015
Ich
sitze auf dem Sofa, auf dem ich vor anderthalb Jahren etliche Abende verbracht
habe. Waldshut sieht im Winter ganz anders aus als im Sommer - steht der Stadt
und dem kleinen Örtchen Gaiß, in dem wir wieder unsere Ferienwohnung haben,
aber auch sehr gut. Nach nur sechs Stunden Fahrt inklusive Pause sind wir am frühen
Nachmittag relativ entspannt eingetroffen. Die Mädchen haben nicht gestritten
und unzählige Bibi-und-Tina-Folgen auf CD gehört. Wir haben die Route durch den
märchenhaft verschneiten Schwarzwald gewählt,
vorbei am Schluchsee, in dem wir beim letzten Mal noch gebadet haben. Die
Gefühle schwappten sofort hoch, als ich an all diesen vertrauten Punkten vorbei
kam. Ja, wir kennen uns hier mittlerweile gut aus.
Unsere
Vermieterin begrüßte uns herzlich - es kommt mir vor, als wären wir nur kurz
weg gewesen, nicht anderthalb Jahre. Lustig war, dass sie nicht wusste, unter
welcher Mütze Vianne steckte - sie kannte sie nur als knapp Vierjährige - ohne
Haare, blass und dünn. Nach der Begrüßung hat sie mitgeholfen, unsere unzähligen
Koffer, Lebensmitteltaschen, Spielzeugkisten,... in die Wohnung zu befördern -
sie ist so hilfsbereit. Danach haben wir über eine Stunde gequatscht. Was für
ein schönes Ankommen. Ada und Vianne konnten sich noch gut an
"unsere" Wohnung erinnern. Im Sommer vor anderthalb Jahren haben sie
immer den ganzen Balkon unter Wasser gesetzt, nun setzen sie mit ihren
pitschnassen Schneestiefeln den Flur unter (Tau-)Wasser. Wir waren schon
Schlittenfahren, und der Bauer (unser Vermieter) hat uns auf seinen Treckerfahrten
zu gewunken, als er an unserer Piste vorbeikam.
Vor
dem Einschlafen hatten Ada und Vianne plötzlich Heimweh. Ich habe ihnen eine
ausgedachte Geschichte vom Igel erzählt, der einige Zeit weit weg von Zuhause
bei dem schlauen Fuchs auf der Waldlichtung zur Behandlung bleiben muss, weil
er sich am Fuß verletzt hat und kein Arzt Zuhause ihm helfen kann. Am ersten Abend
bekam der Igel ebenfalls schreckliches Heimweh. Der Kranich, der ihn zuvor in
einem Tuch hergeflogen hatte, spielte am Abend den Postkranich und brachte dem
einsamen Stachelpelz einen Brief von seinen Igelfreunden. Fazit: nach einiger
Zeit ist auch das Fremde vertraut - und: das schönste am Heimweh ist das
Nachhausekommen. Dann haben die Damen noch ausgiebig mit ihrem Papa und Luke telefoniert,
und danach war alles wieder gut. Beide schlafen jetzt tief und fest. Ich hoffe,
ich kann das auch. Der Abend und auch der heutige Morgen vor der Abfahrt waren
emotional sehr aufwühlend - für alle Beteiligten. Es gab nicht nur innige
Momente, sondern auch bittere, entzweiende Momente, weil alle so angespannt
waren. Aber ich glaube, das ist normal, und jetzt ist auch alles wieder gut.
Jetzt lassen wir morgen alles Weitere auf uns zukommen. Ich sitze auf dem Sofa,
auf dem ich vor anderthalb Jahren gesessen habe, in einen dicken Wollpulli
gekuschelt, mit einem leckeren Vanille-Orangen-Ingwer-Tee auf den Knien. Ich
bin verzweifelter denn je - aber aus irgendeinem (mir unerklärlichem) Grund hat
sich auch eine tiefe innere Ruhe in mir ausgebreitet - zumindest für den
Moment...und nur der zählt.
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