7. Januar 2015
Ein
weiteres MRT liegt hinter Vianne. Wir kamen heute Morgen ganz schnell dran. Um
halb 9 Uhr waren wir auf der Kinderstation. Nicht nur meine
Lieblingskrankenschwester D. hatte Dienst, sondern auch noch meine andere
Lieblingskrankenschwester B. Beide drückten mich kräftig. Die Krankenschwestern
auf der Station sind toll. Sie sind für mich die Helden im Hintergrund auf der
K41 - immer ganz dicht dran an den kleinen Patienten und ihren Eltern. Nicht
jeder hat das Zeug dazu, auf einer kinderonkologischen Station zu arbeiten -
sie schon. Das Zuganglegen des Venenkatheters forderte zwar wieder ein paar
Tränen, die aber schnell trockneten. Danach haben wir Peter Pan gelesen und
durften auch schon zum MRT rüber. Micha kam zeitgleich mit uns im Hauptgebäude
an. Heute musste er eine grüne OP-Hose anziehen, die fünf Nummern zu groß war.
Er und Vianne - ebenfalls in einem überdimensionalen OP-Kleidchen - gaben ein
komisches Bild ab. Was soll ich sagen: die Zaubermaus meisterte das MRT wieder
mit Bravour und verspeiste zuvor genüsslich und in aller Ruhe ihr Honigbrot und
ließ die Ärztin einfach in der offenen Tür warten, bis der vorletzte Bissen
verschlungen war. Die Ärztin nahm's mit Gelassenheit: "Du hast Recht, iss
ruhig in Ruhe auf." Bereits um halb elf schlenderten wir zum Auto zurück,
Vianne mit einem übergroßen Eis in der einen und einem übertrieben teuren
Filly-Heft in der anderen Hand. "Mama, du darfst nicht auf die Rillen
treten", kicherte sie und hüpfte vergnügt von einem großen Pflasterstein
zum nächsten. Die Sonne schien uns ins Gesicht und ich genoss jede kleine Sekunde
mit meiner hüpfenden, Eis futternden, kichernden Tochter an der Hand. In
solchen Momenten sauge ich die gemeinsame Zeit mit ihr auf (an anderen Tagen
könnte ich sie manchmal zum Mond schießen - also alles ganz normal).
Auf
der Rückfahrt im Auto meinte Vianne: "Wenn ich groß bin, will ich doch
keine Pferdepflegerin werden. Ich glaube, da darf man nicht reiten, oder, Mama?
Ich will lieber Tierpflegerin werden (Sie war mit beim Tierarzt, als Vita
geimpft worden ist) - ich mag Tiere nämlich sehr: Hunde, Baby-S(ch)ildkröten,
Katzen...", zählte sie verzückt auf. "Tierpfleger oder Tierarzt ist
wirklich eine tolle Sache", erwiderte ich. "Aber ich will dabei doch
eine Frau bleiben", warf Vianne energisch ein. Erst wusste ich nicht, was
sie damit sagen wollte, bis mir auffiel, dass
ich von Tierarzt und Tierpfleger anstelle von Tierärztin und Tierpflegerin
gesprochen hatte. Ich musste grinsen. "Und bis dahin bleibe ich ers(t) mal
ein Mens(ch)", setzte sie ernst nach. Ich musste beinahe lauthals losprusten.
„Mama, was hast du denn gemacht, nachdem du ein Mens warst?", fragte sie
neugierig weiter. "Ich schreibe für eine Zeitung und bilde Erzieherinnen
für die U3-Gruppen aus", erklärte ich. "Wie langweilig!", stöhnte
meine Tochter auf. "Dann bleib doch besser Mens(ch)!" . Entzückend,
solche Gespräche...
Andi
kam mittags und leistete mal wieder moralische Unterstützung. Allein sie in
meiner Nähe zu wissen tut so wahnsinnig gut, gerade wenn Micha nicht greifbar
ist. Andauernd klingelte das Telefon - aber es war nie Dr. B. Jedes Mal
schnaufte ich tief durch. Dann ging das Handy. Unterdrückte Nr. Also die
Klinik. "Die Stelle ist unverändert", meinte Dr. B. "Ist das gut
oder schlecht?", fragte ich. Nun ja, es wäre schon ein großer Zufall, wenn
ein Gefäß in einer neuen Aufnahme wieder Kontrastmittel annehmen würde, er
würde jetzt doch eher auf einen Tumor tippen. Allerdings sei die Größe
unverändert, also keine Größenzunahme innerhalb von vier Wochen. Die anderen
Rezidive sind schneller gewachsen. Liegt es am Temodal? Oder ist es doch kein
Tumor? Auszug Arztbrief Prof. S.: "Sollte die Läsion allerdings gleich
dargestellt sein, ist aus meiner Sicht eine Tumormanifestation eher
unwahrscheinlich..." Ich mag nicht mehr spekulieren. Da ist etwas, was (bisher)
nicht gewachsen ist. Die Bestrahlung steht wieder an erster Stelle. Dr. B. hat
Kontakt in die Schweiz aufgenommen. Wir wissen nicht, ob und wann es losgeht,
aber wir werden morgen sicher mehr wissen. MeineEinstellung zur Bestrahlung ist nach wie vor
gespalten. Doch wenn wir nicht bestrahlen habe ich Angst den Zeitpunkt zu
verpassen, an dem wir das Ruder evtl. noch rum reißen können. Wir sollen noch
entscheiden, ob für die Bestrahlung
wieder ein Broviak-Katheter implantiert werden soll. Wir sind dagegen. Wir
wagen den Versuch ohne - wenn es denn letztendlich losgeht
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