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26. November 2016

Echtzeit! Licht



30. November 2014

Wir lieben die Adventszeit - den Duft von Tannengrün, warme Socken, Kerzen, Kuschelmomente. Unsere Welt ist derzeit dunkel und wenig erwärmend. Heute jedoch drang ein Lichtschimmer durch, obwohl wir wahrlich vergessen haben, die erste Kerze auf unserem Kranz anzuzünden. Die Tage sind momentan unsagbar schmerzhaft, trotzdem war heute ein schöner Tag, ohne dass etwas Außergewöhnliches passiert ist. Das Frühstück wurde heute Morgen quasi im Vorbeigehen eingenommen, denn nach dem Kakao und dem Kaffee haben wir uns gleich ins Plätzchenbacken gestürzt und dabei hin und wieder ins Frühstücksbrot gebissen. Alle waren herrlich aufgeregt und ab und zu hat einer geschmollt (wie jedes Jahr), aber es hat richtig Spaß gemacht, zumal wir keine Weihnachtsmusik, sondern südamerikanische Salsa-Klänge dabei gehört haben.
Nach eindringlicher Bitte von Jesse, Luke und Micha habe ich extra für die Weihnachtsbäckerei Vollrohrzucker besorgt - die Männer wollten endlich wieder Zucker schmecken, und auch wir Mädels waren nicht abgeneigt. Wir suchten uns die Rezepte für Zimtsterne, Schneeballplätzchen, "Oma Bettys Terrassenplätzchen" (Tilda Apfelkern) und Vanilleplätzchen heraus - und ab ging die Knet- und Ausstech-Aktion - Naschen inklusive. Natürlich haben wir es geschafft, zwei Bleche verbrennen zu lassen (irgendwie hatte sich der Temperaturregler plötzlich auf 250 Grad verschoben). Wer uns kennt, den wird's nicht wundern. Zwischendurch rief meine liebe enge Freundin M. an: wieder flossen die Tränen. Am frühen Nachmittag brach kurze Zeit Hektik aus, weil wir "Mädels" uns für die große Weihnachtsfeier vom "Elterntreff für leukämie- und tumorkranke Kinder" schick machen wollten, natürlich wieder auf die letzte Minute. Dem "'Elterntreff" mit all seinen engagierten Organisatoren zolle ich meinen vollen Respekt. Es ist so gut, dass es ihn gibt. Sie helfen, wo sie nur können, sie hören zu, beraten, stehen unbürokratisch an deiner Seite und zaubern ein Licht in die Dunkelheit und ein Lächeln in die Gesichter der kranken Kinder und Geschwisterkinder. Wir freuten uns zudem riesig, endlich Katrin und Lilli wiederzusehen. Was für ein warmherziges Umarmen, Drücken. Die Kleinen sind so goldig zueinander. Beim Abschied riefen Ada und Vianne ihrer Lilli noch ein inniges "Wir haben dich lieb, Lilli" hinterher. Vianne sieht nach Temodal, zwei Infekten (oder aus anderen Gründenn?) blass und dünn aus. Sie ist wacklig auf ihren Beinchen und versucht trotzdem, immer und überall mitzumischen, meine kleine Kämpferin. Am Freitag hatten wir das Gespräch mit unseren Dortmunder Onkologen. Sie haben sich sehr viel Zeit genommen, zugehört und mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Wir haben ihnen vom Gespräch mit der Strahlentherapeutin erzählt. Wir haben ihnen gesagt, dass wir Vianne so nicht behandeln lassen können. Sie akzeptieren unsere Entscheidung (auch wenn Prof. S. einen anderen Weg gehen würde) und haben uns versichert, dass sie - egal wie wir uns weiter entscheiden - voll hinter uns stehen werden. "Wir lassen sie nicht allein." Ein Licht. Wir haben lange gesprochen, ob Alternativen bestehen: Ventrikuläre Chemogaben direkt ins Ventrikelsystem (zu wenig für eine Heilung), Einzelheilversuch mit Vorinostat (nur Aufnahme in Studie bei vorhandenem Resttumor), nur Bestrahlung der neuen Tumorgebiete (nicht ausreichend, da Tumorzellen wahrscheinlich im gesamten Liquor sind). Dabei sehen sie bei der kraniospinalen Bestrahlung (ebenso wie wir) eine wirklich hohe Bedrohung durch die Strahlenaufsättigung von rund 90 Gy im Primärtumorgebiet. Daraufhin reifte der Vorschlag, zwar Viannes Neuroachse bestrahlen zu lassen, jedoch nur das innere Ventrikelsystem und nicht die außen umlaufenden Hirnwasserwege. Zwar würden wir damit nicht das gesamte Ventrikelsystem abdecken, aber einen Großteil - eine reine Nutzen-Risiko-Abwägung. Wir argumentierten, dass die geistigen Folgeschäden nichtsdestotrotz vorhanden blieben. Wir sprachen die Idee einer solchen Bestrahlung mit Protonen an. Wir wissen aufgrund eines Artikels, dass die Schweizer schon einmal den kompletten Spinalkanal plus hintere Schädelgrube bei einem Jungen mit Medulloblastom bestrahlt haben. Aber die Zeit rennt uns weg, erklären unsere Ärzte. Und dabei dauern diese Anfragen, Rückmeldungen, Genehmigungen von der Krankenkasse immer einige Wochen. Egal, wir werden diese Anfrage stellen. Wir wissen zwar noch immer nicht, ob wir diese Bestrahlung dann wirklich machen lassen werden, aber wir wissen zumindest, ob sie überhaupt jemand durchführen kann/will. "Die Bestrahlung ist (nach medizinischen Kenntnissen) das Einzige, was Vianne heilen kann", betonen sie noch einmal. Sie sprachen von einer 50prozentigen Chance. Sie setzen nach, dass letztendlich aber niemand wissen würde, wohin der Weg - im guten wie im schlechten - geht. Alle anderen Behandlungswege wären rein palliativ. Harte, klare, ehrliche und für uns keineswegs neue Infos.
Angesprochen auf den April-Referenzbefund zeigten sich beide ehrlich erstaunt. Dr. B. schien irritiert, weil eigentlich nur unklare Befunde ans Referenzzentrum gehen - und für die Dortmunder war der Befund eindeutig. Er will nachforschen und uns Rückmeldung geben. Das ist gut. Das Vertrauen hat sich gefestigt.
Ein Licht! Enge Freunde sorgen sich so sehr um uns, unsere Familie steht uneingeschränkt hinter uns, viele aufmunternde Worte und Gesten erreichen uns, viele liebe Menschen versuchen, uns das Leben zu versüßen (Danke, ihr lieben Dresdner, für den leckeren Original Christstollen!!!, Danke liebe Uli für die zauberhaften Servietten), uns ein Lächeln ins verheulte Gesicht zu zaubern. Das ist ganz viel Licht in der Dunkelheit!

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