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26. November 2016

Echtzeit! Wieder Fieber



Sonntag, 1. März 2015


Ich hätte den Mund nicht so voll nehmen sollen: Viannes Immunsystem hat den Infekt doch nicht in den Griff bekommen. Am Freitagabend kam das Fieber wieder, während nun Ada fieberfrei ist. Seitdem hält es sich konstant. Vianne sieht fertig aus und schläft viel. Eigentlich wollten wir am Wochenende zum Ponyreiten. Vianne meinte von sich aus, sie sei zu müde dafür und kuschelte sich aufs Sofa. Also bin ich nur mit Ada gefahren, denn die musste nach der Zwangspause Zuhause endlich raus, sich bewegen und etwas unternehmen. Es war schön, einmal nur Zeit mit Ada zu verbringen und mich voll und ganz auf sie konzentrieren zu können. Wir hatten ein zotteliges, flauschiges, gutmütiges kleines Pony namens Milla bekommen, dass sich scheinbar ebenso über den Ausritt zu freuen schien wie wir. Auch ich war zu lange nicht mehr draußen gewesen. Es tat gut, durch den Wald zu streifen, frische Luft zu tanken und den Wind im Gesicht zu spüren. Und es war befremdlich, mit nur einem Zwilling unterwegs zu sein. Sofort musste ich daran denken, ob das unsere Zukunft sein wird.

Ich will so viel in die nächste Zeit packen, dass ich gar nicht mehr weiß, wo ich anfangen soll. Es gibt noch kein Konzept. Am liebsten würde ich sofort mit der ganzen Familie für mehrere Monate in die Sonne, ans Meer, in die Berge fahren. Doch wir wissen nicht, wie sich die Ausbreitung des Tumors und seiner Metastasen in den nächsten Monaten verhält. Schweren Herzens habe ich heute unser Ferienhaus auf Mallorca für die Herbstferien abgesagt. Wir wollen für alle kommenden Ferien spontan entscheiden. Wir müssen spontan entscheiden. Morgen haben wir unseren dritten Termin bei unserem Heilpraktiker/ energetischen Heiler. Noch immer bin ich mir nicht sicher, was ich von ihm und seinem Einsatz halten soll. Wie gern würde ich daran glauben, dass er etwas schafft, was die aggressiven schulmedizinischen Maßnahmen nicht geschafft haben. Wie gern würde ich daran glauben, dass er Viannes Selbstheilungskräfte aktiviert. Kann ich aber nicht, zumindest nicht so, wie ich es mir wünschen würde. Ab morgen liegen auch wieder viele anstehende Aufgaben in den Händen der Dortmunder Ärzte: wir brauchen einen Termin zur Aufklärung, Einwilligung und Blutabnahme für die Inform-Studie, für die sich Vianne aus Expertensicht qualifiziert und die in Kürze starten soll. Inform steht für "INdividualized Therapy For Relapsed Malignancies in Childhood". Es muss schnell gehen. Wieder einmal sitzt uns die Zeit im Nacken. Zwei der unzähligen Aufnahmekriterien lauten sinngemäß: Das Kind muss noch länger als drei Monate leben und in einem stabilen gesundheitlichen Zustand sein. Es liest sich so kalt, so nüchtern, aber so sieht die Realität aus - uns es macht Sinn. Studien müssen vernünftig angelegt sein, damit man aus ihnen Erkenntnisse gewinnen kann. Die Studie ist für zukünftige Generationen gedacht. Wenn wir etwas daraus ziehen können, wenn die genetische Analyse von Viannes Tumormaterial uns einen Hinweis gibt, wie es noch gezielter individuell angreifbar ist und es schon ein entsprechendes Mittel auf dem Markt gibt, haben wir einfach Glück gehabt - und Zeit gewonnen. Ebenso zügig muss die Bestrahlung des befallenen Rückenmarkbereichs starten - wir hoffen, dass es in Dortmund möglich sein wird. Warten wir zu lange,  riskieren wir eine Lähmung bei Vianne. Allerdings brauchen die heimischen Radiologen wieder den Bestrahlungsplan der Schweizer, weil Vianne bereits viermal 1,8 Gy auf den Rücken bekommen hat.

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