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5. Dezember 2016

Echtzeit! Süße Küken, süße Smoothies



Samstag, 21. März 2015


Andi hat einen Standmixer besorgt, damit wir uns mit Smoothies "volltanken" können. Sie schmecken nicht nur unglaublich lecker, sondern sind auch noch wahre Nährstoffbomben. Gerade den "grünen" Smoothies wird nachgesagt, den Körper bei der Krebsabwehr zu unterstützen. Perfekt! Wir haben schon etliche Kreationen ausprobiert. Ich gebe zu, die letzte Zusammensetzung war etwas gewagt (Avocado, grüner Blattsalat, Öl, Banane, Apfel, Akazienhonig, Naturjoghurt, Apfelsaft). Aber vitaminreich! Und Ada, Vianne und ich haben ihn getrunken. Männer sind halt Memmen. Trotz der giftgrünen Farbe (und der zugegeben etwas mehligen Substanz) schmeckte das Gemisch besser, als der ein oder andere vielleicht vermutet – unser aller Favorit ist es aber nicht. Den Tag zuvor hatte ich Blattsalat unter Apfel, Banane, Apfelsaft, Wasser und einen Hauch Rapsöl geschmuggelt, streng nach Rezept - und diesen grünen Drink fanden alle erstklassig. Heute Nachmittag gab's eine Variante mit frischen Erdbeeren, frischer Vanille und ganz viel Naturjoghurt. Wir schlürften ihn in unter einer Minute weg. Morgens hatten wir schon die die Blaubeeren im Mixer "vernichtet". Die Zubereitung macht Spaß, und wir haben das Gefühl, etwas tun zu können, auch wenn es nur ein "Tropfen auf dem heißen Stein" ist. 


Am Donnerstag haben wir bei einer lieben Freundin kleine Küken angeschaut und gestreichelt. Ada und Vianne fanden die kleinen "Flauschkugeln" entzückend - aber noch besser fanden sie den Hofhund, der sich geduldig abgreifen und an die Leine nehmen ließ. Freitag hatte Vianne wieder volles Programm: erst Heilpraktiker, dann "Radio Robby", anschließend mit Ada in den Kindergarten (sie wollte es so) und dann mit den anderen Vorschulkindern zum Seepferdchen-Kurs. Als ich sie in der Schwimmhalle abholte (ich bin extra eher gekommen, um ihnen noch zusehen zu können), winkte mir Vianne freudestrahlend aus dem Wasser heraus zu. Sie sah so glücklich aus. Mit den Armen hing sie entspannt über einer Schwimmnudel, hinter ihr ein ganzer Schwimmnudel-Zug mit ihren Freundinnen. Die Erzieherin gab mir ein Zeichen, an den Beckenrand zu kommen. Vianne wolle mir etwas zeigen. Voller Stolz vollführte Vianne den Beinschlag beim Brustschwimmen - völlig synchron. Ich war baff. Das hatte ich nicht erwartet. Im Vorfeld hatte ich mir eher Gedanken gemacht, ob Vianne nicht zu enttäuscht ist, dass sie die Schwimmbewegungen nicht so gut wie die anderen Kinder kann, zudem einige schon frei schwimmen können. Aber keine Spur davon: sie wirkte einfach nur glücklich und entspannt. Einige Minuten später nahm ich zwei aufgeregte, schlotternde, in dicke Handtücher  gemuckelte Schwimmmäuse entgegen. Am Nachmittag transformierten sich diese

Schwimmmäuse in kleine Gartenfeen. Wir gruben gemeinsam unseren Vorgarten um und hängten Ostereier (für den Osterhasen) auf.

Ende der Woche flatterte uns die Zusage für die Familienreha auf Sylt ins Haus. Wir haben einen Platz für Mitte September bekommen, der Aufenthalt reicht bis zum Ende unserer Herbstferien. Perfekt. Ich hatte gar nicht mehr mit einer Zusage gerechnet, da die Klinik auf Sylt äußerst begehrt ist. Bei der telefonischen Voranfrage vor wenigen Wochen hatte mir die Sekretärin erklärt, dass wir uns nicht allzu große Hoffnungen machen sollten, da sie fast bis Ende des Jahres ausgebucht wären. Tja, unverhofft kommt oft, im Guten wie im Schlechten. Ich hoffe nur, dass Vianne im September noch kurfähig sein wird. Im ersten Moment habe ich mich sehr über die Zusage gefreut. Doch dann wurde ich urplötzlich stinkesauer auf mich: "Was freust du dich eigentlich? Besser wäre es gewesen, nie wieder eine Reha wegen dieses Scheiß-Hirntumors machen zu müssen." Kurz flammte eine Bilderfolge auf, wie wir leben würden, wenn Vianne kein Rezidiv bekommen hätte. Ich wischte die Bilder trotzig fort. Fakt ist: der Tumor ist da. Also das Beste daraus machen.

Heute hat es fast den ganzen Tag geregnet. Bis zum späten Nachmittag lümmelten Ada und Vianne im Schlafanzug herum und genossen es, ungekämmt und ungewaschen durchs Haus zu laufen, ausgiebig zu spielen, Smoothies zu schlürfen und nach kolumbianischen Salsaklängen mit dem Popo zu wackeln. Später, als die Sonne kurzfristig hervorlugte, konnte ich sie doch noch überreden, mit mir nach draußen zu kommen. Sie wollten Fahrradfahren. Voller Ungeduld zappelten sie neben den Rädern, während ich die Reifen aufpumpte. Ada schmiss sich förmlich auf ihr Rad, zwei Kuscheltiere im Fahrradkorb, und düste los. Vianne schlich auf einmal mit hängendem Köpfchen davon. "Was ist los, mein Schatz?", fragte ich besorgt nach. "Sie weiß nicht, ob es mit ihrer Hand mit dem Festhalten klappt", erklärte Micha. Ich schnappte sie mir. "Klar klappt das", meinte ich aufmunternd. Ich hob sie schnell auf´s Rad. Ihre rechte Hand schloss sich auf Anhieb um den Lenker. Ich atmete erleichtert auf. "Ich halte dich solange fest, bis du dich wieder sicher fühlst", sprach ich behutsam auf sie ein. Wir fuhren los - und irgendwann fuhr sie wieder ganz allein, ohne Hilfe. Ihr rechter Fuß rutschte zwar ab und zu von der Pedale und sie war insgesamt etwas unsicher, aber sie fuhr allein. Ich bin so dankbar, dass sie momentan noch an so vielen Dingen aktiv teilhaben kann.


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