Dienstag, 17. März
2015
Mit
heute hat Vianne drei Bestrahlungen hinter sich. Sie macht gut mit, und bisher
waren wir immer nach maximal 15 Min. (plus An- und Ausziehen) fertig. Die Maske
passt gut, Anlegen und Fixieren dauern weniger als eine Minute, die Bestrahlung
vielleicht fünf Minuten. Alles in allem sind wir anderthalb Stunden am
Vormittag unterwegs. Das ist fair. Ein großer Vorteil ist, dass sie keine
Narkose benötigt. Ich wage es weiterhin kaum auszusprechen, aber es geht Vianne
augenscheinlich gut. Sie kann wieder richtig rennen, sie ist lebhaft und aktiv,
ihr rechter Arm und ihre rechte Hand machen hinsichtlich der Funktionalität
weiterhin kleine Fortschritte. Wir genießen die Sonne, die Ausflüge und das
gemeinsame Spiel. Am Wochenende haben wir mit allen Kindern das Gasometer in
Oberhausen besucht und uns die Ausstellung "Der schöne Schein" angeschaut.
Ausgestellt sind Drucke und Skulpturen (als Nachbildungen) verschiedenster
Epochen und Stilrichtungen. Da hängt ein Caspar David Friedrich unweit der Mona
Lisa, ein Stück weiter "der Denker" von Rodin - vor einer Kulisse aus
Stahlträgern und Eisentreppen. Diese Vielfalt in diesem ungewöhnlichen Rahmen
hat die Kinder begeistert. Luke konnte es gar nicht glauben, dass ihn die Mona
Lisa immer anschaute, egal ob er links oder rechts von ihr stand. Ada hingegen
war eher an den verwundeten Barbaren und Kämpfern interessiert. Höhepunkt der
Ausstellung war eine gigantische Lichtinstallation, die größte Innenraumprojektion
weltweit. Bis zur Decke des Gasometers vermischten sich die Lichtpunkte zu
immer neuen Formationen und trügten das Auge. Wir lagen zu sechst entspannt auf
gemütlichen Sitzsäcken und ließen uns von der rund zwanzigminütigen Darbietung
in den Bann ziehen. Mal entstanden Wellenbewegungen aus Licht an den
Hallenwänden, mal glitt das Licht von oben nach unten, Lichtstreifen stießen
sich sanft an und setzten ihre Bahn fort. Wände aus Licht formierten einen
dreidimensionalen, sich ständig verändernden Raum. Das Ganze wurde untermalt
von beruhigenden Klängen. Luke war so entspannt, dass er auf dem Sitzkissen
einschlief. Vianne war restlos fasziniert und säuselte andächtig: "Wie
sssöööön, wie wunderbar, wundersssööön". Adas Kommentar: "Total
cooool". Sogar Jesse hat es gefallen. Und Micha und mir sowieso.
Es
ist irgendwie seltsam. Wir wissen, wie es um Vianne steht, aber sie spiegelt
das nicht wider – zum Glück. Abgesehen von den fehlenden Haaren und der
rechtsseitigen Beeinträchtigung wirkt sie fast "normal". Anstrengend
sind ihre gehäuften Wut- und Schreianfälle. Es ist schwer einzuordnen, ob sie
vom
Antiepileptikum
kommen, ob es ein Ausdruck von Stressbewältigung oder ein ganz normales
Rumgezicke einer Fünfjährigen ist. Fakt ist: es ist anstrengend. Aber wir sind
nicht bereit, ihr alles durchgehen zu lassen, nur weil sie schwer krank ist und
schon viel mitmachen musste. Das würden unsere Nerven auch nicht aushalten. Eigentlich
steht bald das nächste postoperative MRT des Schädels an, sechs Wochen sind
seit der Operation fast um. In Absprache mit Dr. B. werden wir es erst nach
insgesamt zwölf Wochen durchführen. Denn was bringt uns die Erkenntnis aus den
aktuellen Aufnahmen? Operiert werden - außer im absoluten Notfall - soll
sowieso nicht mehr. Wir würden lediglich sehen, ob und wo es weiteres
Tumorwachstum gibt. Und dann? Die Ergebnisse aus der molekulargenetischen
Analyse stehen noch aus. Insofern hätten wir als Medikament nur etwas aus der
molekular-biologischen Untersuchung. Wenn Vianne irgendwelche Ausfälle oder
Auffälligkeiten zeigen sollte, wird sowieso schnellstmöglich ein MRT gefahren.
Bis dahin wollen wir einfach alles Blöde so weit wie möglich von ihr fernhalten
- und dazu gehört auch, stocksteif 40 Minuten im MRT zu liegen.
Gestern
Nachmittag sind Ada, Vianne und ich spontan zu einem schön angelegten
Spielplatz in der Nähe gefahren und haben die Sonnenstrahlen, das Klettern und
Toben von ganzem Herzen genossen. In solchen Momenten steht Viannes Erkrankung
hinten an. Herrlich. Ich hoffe so sehr, dass wir diesen Zustand noch lange
haben werden, dass Viannes Krankheit noch lange im Hintergrund bleibt, dass
andere schönere Dinge den wichtigen Raum im Vordergrund in Beschlag nehmen.
Aber es ist schwer, ihr jeden Tag etwas Schönes bieten zu wollen. Manchmal stehen wir uns mit unseren überzogenen Ansprüchen selbst im Weg. Dabei müssen es nicht immer die großen, außergewöhnlichen Dinge sein, die Freude bringen - wie der gestrige Spielplatzbesuch zeigt. Das wissen wir. Aber irgendwie fühle ich mich doch getrieben, so oft wie möglich Ausflüge/ Unternehmungen/ Überraschungen zu planen. Natürlich haben wir auch schon einen ausgiebigen Besuch in einem großen Spielzeugladen hinter uns. Wir hatten Vianne versprochen, dass sie sich zu Bestrahlungsbeginn und zum Bestrahlungsende ein Spielzeug aussuchen darf. Na ja, Luke und Ada können wir es dann auch nicht verwehren, sonst wäre die allgemeine Stimmung ziemlich getrübt (Jesse sieht's schon gelassener, wird aber auch bedacht - wenn auch nicht mit Spielzeug). Fazit nach so einem Spielzeugladenbesuch: Geldbörse leer, Kinderseelen glücklich .
Aber es ist schwer, ihr jeden Tag etwas Schönes bieten zu wollen. Manchmal stehen wir uns mit unseren überzogenen Ansprüchen selbst im Weg. Dabei müssen es nicht immer die großen, außergewöhnlichen Dinge sein, die Freude bringen - wie der gestrige Spielplatzbesuch zeigt. Das wissen wir. Aber irgendwie fühle ich mich doch getrieben, so oft wie möglich Ausflüge/ Unternehmungen/ Überraschungen zu planen. Natürlich haben wir auch schon einen ausgiebigen Besuch in einem großen Spielzeugladen hinter uns. Wir hatten Vianne versprochen, dass sie sich zu Bestrahlungsbeginn und zum Bestrahlungsende ein Spielzeug aussuchen darf. Na ja, Luke und Ada können wir es dann auch nicht verwehren, sonst wäre die allgemeine Stimmung ziemlich getrübt (Jesse sieht's schon gelassener, wird aber auch bedacht - wenn auch nicht mit Spielzeug). Fazit nach so einem Spielzeugladenbesuch: Geldbörse leer, Kinderseelen glücklich .
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