Samstag, 16. Mai 2015
Vianne
ging es die letzten Tage gut - so dass es uns ebenfalls ganz gut ging. Am
Mittwoch wollte sie morgens mit Ada für zwei Stündchen in den Kindergarten, nachmittags
besuchten wir "unsere" Lilli und verbrachten einen vergnüglichen
Sonnentag zwischen Wasserschlacht und Kuchen. Nur zum Ende musste ich mich arg zusammenreißen.
Als Vianne etwas Pause brauchte und sich auf der Wiese ausstreckte, legte ich
mich kurz zu ihr auf das Handtuch: "Mama, wenn ich sterbe, kannst du gar
nicht mehr mit mir kuscheln", überlegte sie.
Auch
den Donnerstagmorgen zeigte Vianne keine neuen Auffälligkeiten, so dass wir uns
kurzfristig entschlossen, an dem dreitägigen Walderlebnis in der Eifel
teilzunehmen, zu dem eine liebe Freundin im Rahmen ihres Geburtstages
eingeladen hatte. Eine gute Entscheidung! Es waren wunderbare Wald-Wohlfühl-Tage
inmitten der Natur und lieben Leuten und einer Riesenschar von Kindern.
Vianne
war mittendrin. Wir nächtigten in rustikalen Vierbettzimmern, saßen abends auf
dem Flur und lachten herzlich und fühlten uns fast wieder wie damals auf dem
Schulausflug. Wir grillten, wir schnitzten, wir aßen wildwachsenden Bärlauch
und Brennesseln, backten Stockbrot, versuchten mehr schlecht als recht, ein
Feuer zu entfachen, hackten Holz, sahen den Wald aus der Perspektive eines
Fuchses, ließen uns die Sonne aufs Gesicht scheinen, warfen Bananen ins
Lagerfeuer, die wir hinterher genüsslich verspeisten (Vianne aß vier!), probierten
Kunststücke auf der Slagline, spielten Fußball und Volleyball, tranken
irgendein Tannennadeln-Kräuter-Gebräu (sehr lecker) und ließen ohne Raum und
Zeit Wald und Wiese und verzauberte Pfade auf uns wirken. Natürlich war da
immer wieder die Angst, dass sich Vianne überanstrengt, weil sie mit den
anderen Kindern mithalten will, oder dass es ihr abseits von Zuhause plötzlich
rapide schlechter geht. Aber das passierte nicht. Und wir wehren uns nach wie
vor, uns eigenhändig einzumauern und unsere Aktivitäten und Ausflüge aus einer
(wenn auch realen) Angst heraus zu unterbinden. Wir entscheiden kurzfristig -
aber wir entscheiden - noch! Geht's ihr gut, fahren wir, wenn nicht, dann
nicht.
Vianne
hat mittlerweile 24 Erivedge-Gaben bekommen, noch 18 weitere, dann stehen die
nächsten Kontroll-MRTs an, wenn sich ihr Zustand bis dahin nicht rapide
verschlechtert. Die Sehstörung ist seit Dienstag nicht wieder aufgetreten.
Heute Abend hat sie allerdings wieder etwas bei der Medizineinnahme gewürgt,
den Großteil aber bei sich behalten. Insgesamt hatten wir ein paar ruhige,
entspannte Tage, aber wir wissen auch, dass die See trügerisch ist und die
nächste große Welle sicherlich bald wieder über uns hereinbrechen wird. Unser
neues Ziel: Pfingsten bei lieben Freunden auf ihrem Hof an der Ostsee verbringen
- dort wo alles begann, wo es seinen Anfang nahm, wo wir das erste Mal den
Tumor zu Gesicht bekamen und diese schrecklichen Ängste zum ersten Mal in uns
hoch krochen und von uns Besitz ergriffen. Es ist wichtig, dorthin zu fahren,
diesen Ort aufzusuchen, das spüre ich. Alles zieht mich dorthin. Als ob wir
etwas zu Ende bringen müssten - wie immer dieses zu Ende bringen auch aussehen
mag. Aber wir sind nicht allein dort – das wissen wir. Danke!
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