Mittwoch, 20.
Mai 2015
Wir
sind unendlich erleichtert: es geht ihr besser. Viel besser! Ich wage kaum
noch, über einen Tag zu berichten, weil sich kurz nach dem Schreiben schon
wieder eine völlig neue Situation ergeben haben kann. Die Wechsel sind zu
schnell, wir kommen emotional nicht mehr nach, sind einen Tag starr vor Schreck,
weil Vianne leidet und fühlen uns zwölf Stunden später wie befreit, weil sie
diesem Tumor noch einmal den "Stinkefinger" gezeigt und sich wider
Erwarten ganz schnell von den Strapazen der vergangenen Tage erholt hat.
Gestern war ein schrecklicher Tag, ein beängstigender Tag. Heute haben wir
jeden Moment genossen - auch wenn ich mich immer wieder dabei ertappe, wie ich
Vianne genau "unter die Lupe" nehme, jede Regung deute, bei jedem
Husten alarmbereit mit der Brechschüssel neben ihr stehe. Bereits um halb sechs
heute Morgen wurde Vianne wach und hatte Kopfschmerzen. Sofort gab's die Schmerztropfen.
Sie schlief daraufhin wieder ein. Ich wappnete mich innerlich für einen
weiteren schmerzbeladenen Tag. Doch beim nächsten Aufwachen waren die
Kopfschmerzen verschwunden. Sie wollte ausgiebig kuscheln. Mehr aus Gewohnheit
bot ich ihr einen Milchschaum mit Honig an. "Ja, lecker", antwortete
sie. Ich dachte mich verhört zu haben. Sie hatte wieder Appetit und schlürfte
den Schaum genüsslich weg, verspeiste dazu einen Keks. Von Übelkeit keine Spur.
Wir bauten ihre Murmelbahn auf. Sie wirkte präsent, lief durch das Haus, stieg
Treppen, zwar noch etwas zittrig auf den Beinchen, aber sie stieg. Ihr Appetit
hielt an, die Kopfschmerzen blieben fern, die Übelkeit ebenso - ganz ohne
Schmelztablette. Zum Mittagessen verspeiste sie zwei von Andis selbstgemachten
"Super-Frikadellen", mehrere Stücke Wassermelone und schob noch einen
Schokokuss nach. Mit schokoverschmierten Mund verkündete sie, dass sie ins
Schwimmbad wolle. Ich glaube, ich habe ziemlich dämlich dreingeschaut. Wohin
wollte sie? Ich schlug ihr vor, den Schwimmbadbesuch noch ein wenig zu vertagen
und vorher erst noch etwas Energie zu tanken. Sie überlegte kurz: "ok,
dann reiten wir." Ja, dann gehen wir reiten, alles was du willst, mein
Schatz, jubelte ich innerlich. Um 15.30 Uhr saß sie schon auf Wilma?/Wanda? und ließ sich von ihr gemächlich
im Schritt durch die Wälder tragen, Ada ritt auf "Flocke" an ihrer
Seite oder trabte und galoppierte schon mal - von Andi sicher am Strick
gehalten - voraus. Vianne hat neuerdings Angst vorm Traben, das ist auch in Ordnung.
Später holten wir uns alle noch ein Eis und kuschelten uns Zuhause gemütlich
hin. Wir sind vorerst erleichtert, aber wir wissen auch, wie schnell und
plötzlich sich ihr Zustand verändern kann. Das verunsichert. Aber wir haben
einen großen Gegenpol: Sicherheit bieten die uns umgebenden Hilfssysteme, die verschiedenen
Dienste, Krankenschwestern und Ärzte, die parat stehen. Und natürlich unsere
Familie und all die lieben Freunde, die uns voller Sorge nach dem gestrigen
Eintrag mit Hilfsangeboten, Leckereien, kleinen Geschenken und mutmachenden
Worten aufrecht gehalten haben.
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