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7. Februar 2017

Echtzeit! Nachts



Montag, 11. Mai 2015

 
Ich mag die Nacht (was vielleicht auch daran liegen mag, dass ich unglaublich lange auf bin und die mich umgebende Ruhe und Dunkelheit genieße). Die Nacht offenbart so viele neue Perspektiven. Äußerst faszinierend ist der Moment, wenn sich die Nacht langsam zurückzieht und dem ersten Schimmer eines neuen Tages Platz macht. Angst hat mir die Nacht noch nie gemacht - bis Vianne krank wurde. Letzte Nacht war schmerzlich. Bereits bei der Erivedge-Gabe fing Vianne an zu würgen und erbrach sich schließlich. Tränen kullerten ihr die Wangen hinab. Es ist schmerzhaft, es anzusehen. Jede Träne höhlt uns aus, wäscht immer mehr Substanz weg und schwemmt einen Teil von uns davon. Micha duschte Vianne ab. Wir überlegten, ob wir noch einen Versuch starten sollen, aber sie sah so elendig aus und bat mit tränenerstickter Stimme: "Nicht noch einmal, eine Ausnahme, bitte, nur heute." Wir starteten keinen weiteren Versuch. Bevor wir sie hinlegten, gaben wir ihr das Mittel gegen Übelkeit. Ich kann nicht sagen warum, aber ich lauschte die halbe Nacht nach ihr. Um zwei Uhr hörten wir sie. Sie rief. "Es" würde sich so komisch anfühlen.
Nicht gut - gar nicht gut. Ich trug sie runter in unser Schlafzimmer. Ihre Beinchen taten weh. Ich massierte sie mit Solum-Öl. Erschöpft und blass lag sie in den Kissen - bis sie erneut würgte. Ich wachte die Nacht über sie. 1000 Fragen geisterten durch meinen Kopf. Warum erbrach sie? War der Tumor am Hirnstamm gewachsen und reizte die Region? War es lediglich eine Nebenwirkung des Medikaments? Erst am frühen Morgen fiel ich in einen unruhigen Schlaf. Micha kümmerte sich um die übrigen Kinder und brachte Ada in den Kindergarten, während Vianne und ich langsam erwachten. Sie sah noch immer blass und mitgenommen aus. Ich trug sie ins Wohnzimmer und kuschelte sie gemeinsam mit "Hoppel" in ihre Lieblingsdecke. Sie hatte weder Hunger noch Durst. Kurz darauf erbrach sie ein drittes Mal. Ich schrieb Dr. B. an und skizzierte die Situation, auch um abzuklären, wie oft ich Vianne etwas gegen Übelkeit geben darf. Die Rückmeldung kam prompt (auch wenn ich es gar nicht erwarten würde, weil ich weiß, wie sehr er beansprucht wird - aber es ist ein gutes, ein beruhigendes Gefühl). Vianne erholte sich im Laufe des Vormittags langsam, aber stetig. "Vita" kuschelte sich ganz eng an sie, als ob sie sie trösten wollte.

Gegen Mittag war Vianne so fit, dass wir Ada gemeinsam aus dem Kindergarten abholen konnten. Am Nachmittag merkte man ihr kaum noch etwas von den Strapazen der Nacht an, abgesehen von den blauen Schatten unter ihren Augen. Sie scherzte schon wieder rum und stolzierte mit meiner Sonnenbrille auf der Nase auf und ab. 

Dann meckerte sie, weil ich ihre spontane Spielregeländerung beim "Schneckenrennen" nicht akzeptieren wollte. Später kochte sie im Garten ihre berühmte "Matschblumensuppe" und mampfte Äpfel dazu. Zur richtigen Stärkung gab es am Abend noch eine (echte) kräftige Rinderbrühe, die sie voller Genuss schlürfte. Kurz darauf hüpfte sie wie wild auf dem Trampolin. Diese Suppe müssen wir öfter kochen....

Zum Glück hat sie die heutige Erivedge-Gabe vorerst bei sich behalten. Warten wir die Nacht ab.


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