Mittwoch,
3. Juni 2015
Nachdem
die letzten Tage herrlich unspektakulär waren, hat Vianne heute Morgen nach dem
Aufstehen wieder gebrochen. Scheiße - zwei Wochen hatte sie Ruhe, zwei Wochen
kein Würgen. Keine Ahnung, warum es jetzt wieder kommt. Ich gab ihr daraufhin
die Tablette gegen Übelkeit. Den Rest des Tages blieb sie zum Glück verschont,
es ging ihr sogar richtig gut, so dass wir uns nachmittags gemeinsam Lukes
Tennisspiel anschauen konnten. Und ihr Appetit kam auch wieder zurück. Sie hat
den Tennis-Jungs einfach ihren Kuchen stibitzt.
Zum Mittagessen hatte sie sich schon zu ein paar Garnelen überreden lassen.
Ansonsten
hätte ich heute vor lauter Wut einfach nur schreien können - hab ich auch
getan, leider waren die Adressaten die falschen. Irgendwie hat jedes Kind heute
"sein Fett weg gekriegt" - wegen verdammter Nichtigkeiten: die eine
schmiss lediglich ihr Glas um (und wurde angeschnauzt), die andere rupfte den wunderschönen
Farn im Garten raus (und wurde zur Schnecke gemacht), der Dritte hatte
vergessen, dass heute eine Englischarbeit auf dem Plan stand (und musste sich
eine ewig lange Standpauke über Organisation und Aufmerksamkeit anhören), der
Vierte (schon Erfahrene) machte sich ganz schnell aus dem Staub, gerade als ich
die Müllansammlung in seinem Zimmer zum Thema machen wollte. Ich würde so gerne
jemandem die Schuld für Viannes Erkrankung geben. Nur wem? Es ist schwer,
keinen Verantwortlichen zu haben. Je näher der MRT-Termin rückt, desto wütender
werde ich. So viele Türen wie heute habe ich lange nicht mehr zugeknallt, so
viele zusammengeknüllte Trockentücher seit Ewigkeiten nicht mehr an die Wand
geschmissen. Am liebsten hätte ich in den Stuhl gebissen. Was ich mir für heute
gewünscht hätte? Eine private Kickbox-Einheit, damit sich diese ganze
angestaute Wut Bahn brechen kann - ohne Schaden anzurichten. Ich hatte heute
noch nicht einmal Lust, laufen zu gehen, was ansonsten immer ganz gut hilft. Heute
hätte ich ein härteres, gefährlicheres Trainingsprogramm gebraucht.
Komischerweise brachten mich ein paar simple Läuse (die ich zur Krönung des
Tages auf dem Kopf eines unserer Kinder entdeckte) wieder auf den Boden zurück.
Anstatt komplett auszurasten, fiel plötzlich der ganze Ärger von mir ab, und
ich stürzte mich ins Bettenabziehen und Kopfeinreiben und Haarauskämmen - eine
abendfüllende Tätigkeit.
Zum
Glück verlaufen nicht alle Tage so: Gestern wollte Vianne beim Kochen helfen.
Ich hatte tolle Gewürze und Kräuter bereit stehen, mit denen sie voller Freude
(und ziemlich großzügig) würzte. "Hier, riech mal", ermunterte ich
sie. "So riecht die weite Welt", murmelte ich und hielt ihr frischen
Ingwer unter ihr Näschen. "Hmmm, die Welt riecht aber frisch", meinte
Vianne daraufhin genießerisch. Sie schnüffelte sich noch durch Kurkuma, Curry
und Bockshornklee, Lauchzwiebeln, Knoblauch, frischen Thymian und Majoran.
Manchmal riecht das Leben verdammt gut! Letzte Woche haben wir noch zwei
erfrischende französische Filme geschaut, die ebenfalls ein wahrer Genuss waren:
"Monsieur Claude und seine Töchter" und "Madame Mallory und der Duft
von Curry". Wenn Vianne stabil bleibt fahren wir Freitag nach dem MRT für
wenige Tage weg... noch mehr von der Welt "erschnuppern"...
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