Dienstag, 16. Juni
2015
Egal
welche Auszeiten wir uns nehmen, ganz gleich was für Sicherungsleinen wir
auswerfen, egal welche Ablenkung wir uns gönnen, Druck und Anspannung steigen
momentan stetig. Ohne die vielen aufmunternden Worte und auffangenden Arme von
Familie und Freunden würden wir noch mehr straucheln (Danke Steffi - genau im
richtigen Moment heute, danke Nicole - fürs Zuhören, danke Anke - für's
kurzzeitig zum Lachen bringen!) Wir sind machtlos, was diese Krankheit
anbelangt, und diese Machtlosigkeit, gepaart mit der Angst um Vianne, macht uns
ruhelos, aggressiv und unglaublich unglücklich. Die Krankheit beginnt uns zu
zermürben - eine mir bis dato fremde Bitterkeit macht sich breit.
Blass
und müde wurde Vianne heute Morgen wach. Sie musste sich wieder übergeben. Sie
weinte. Sie hatte Kopfweh. Anschließend schlief sie erschöpft auf unserem
Sitzkissen ein. Sie schlief mehrere Stunden lang. So klein und zart und
zerbrechlich lag sie vor mir. Es tut unbeschreiblich weh, sie so zu sehen - mit
dem Wissen, dass es nie wieder besser wird, nur schlimmer. Ich vergrub mich in
einem guten Buch. Vianne wirkt seit einiger Zeit streckenweise abwesend, reizbar,
unglücklich. Sie verändert sich - schleichend. Und wir sitzen in der ersten
Reihe - so nah dran und doch so unglaublich weit weg. Ihre Sprache verwischt,
manchmal spricht sie undeutlich, schleppend und muss sich sehr auf ihre Worte
konzentrieren. Manchmal wirkt es, als würde diese Last in ihrem kleinen
Köpfchen sie erdrücken, sie verwirren, so dass sie fragend nach innen zu horchen
scheint. Weil sie es nicht versteht - weil es niemand versteht.
Gegen
Mittag wachte Vianne schließlich auf. Nach der ausgiebigen Ruhepause ging es
ihr zum Glück um einiges besser. Sie futterte viel und spielte den Nachmittag
laut und ausgiebig mit Ada, goss die Blumen, verkleidete sich, bastelte und
malte. Vorm Einschlafen bedeckten wir uns gegenseitig mit unzähligen Küssen. Ich
liebe sie so sehr...
Es
fällt schwer, alte Fotos zu betrachten, denn dann weiß ich, dass uns ein Teil
von Vianne schon längst genommen wurde... Ich kann nicht noch mehr von ihr
gehen lassen... Nein, keine Sorge, ich werde mein Versprechen weiterhin halten:
Lieber Micha, lieber Jesse und Luke, liebe Ada und Vianne - ich lasse mir - ich
lasse uns nicht einfach den Boden unter den Füßen wegziehen!
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