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30. Oktober 2016

Intensivstation – so blass



Rückblick: 14. Juli 2014


Sie war so blass, so unglaublich ungesund blass. Das war das Erste, was mir auffiel. Sie hatte unter der Operation eine Bluttransfusion benötigt. Sie hatte einen Schlauch in der Nase - falls sie erbrechen sollte, konnten sie leichter absaugen. Sie hatte einen Blasen-Katheter. Sie hatte einen Schlauch im Kopf. Die Ärzte wollten ihn vorerst dort belassen, damit Wundwasser abfließen kann. Sie bekam hoch dosiert Kortison, um eine mögliche Hirnschwellung zu vermeiden. Aber sie lebte! Sie hatte keine Schäden von der Operation davongetragen! Und der Tumor war draußen, komplett. Wieder einmal hatten wir Glück gehabt. Bei vielen Kindern mit Ependymom kann der Tumor schon beim ersten Mal nicht komplett entfernt werden. Meistens tritt er im 4. Ventrikel auf und verwächst mit dem Hirnstamm, welcher für solch lebenswichtige Funktionen wie die Atmung verantwortlich ist.

Vianne schien keine großen Schmerzen zu haben. Aber sie hatte Durst und forderte etwas zu trinken. Wir mussten warten. Der Intensivmediziner hatte uns vorgewarnt, dass es von dem Narkosemittel häufig zu Erbrechen kommen würde. Das kannten wir aus Kiel nicht. Wir nahmen es nicht ernst. Vianne durfte allerdings ein blaues Wassereis lutschen, weil ihr Mund von der Beatmung so trocken war. Sie hatte davon eine blau gefärbte Zunge. Irgendwann gaben wir nach und sie trank ein Glas Wasser. Kurz darauf erbrach sie sich schrecklich. In der Nacht überredete sie den Pfleger, den Blasenkatheter zu ziehen - meine kleine Kämpferin. Sie kuschelte mit ihrem Äffchen, dass sie sich so sehr gewünscht hatte. Ada hatte das gleiche bekommen. Gegen 4 Uhr in der Nacht löste mich Micha ab. Ich schlich auf die Station und fiel in einen tiefen, traumlosen Schlaf bis zum nächsten Morgen. Vianne durfte die Intensivstation verlassen. Zuvor waren ihre Kaliumwerte noch etwas erniedrigt gewesen (es hätte zu Herzrhythmusstörungen kommen können), aber auch die hatten sich im Laufe des Morgens normalisiert. Zurück im Krankenhauszimmer machte sich erst einmal Erleichterung breit. Wir hatten es wieder einmal geschafft. Sie hatte es wieder einmal geschafft.

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