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30. Oktober 2016

Erklärung und Erkältung



Echtzeit!  4. November 2014


Wir haben noch immer keine Rückmeldung aus Dortmund. Wir wissen nicht, wie es weitergeht. Warten unsere Onkologen selber auf eine Antwort oder haben sie so viele andere Dinge zu tun, dass sie Vianne aus dem Blick verloren haben? Wenn wir anscheinend so viel Zeit haben, warum dann vorher so eine Hektik? Oder passiert gerade ganz viel im Hintergrund, was wir nur nicht mitbekommen? Diese Gedanken beschäftigen mich derzeit. Wir mussten allerdings in letzter Zeit so viel von uns aus in die Wege leiten, beispielsweise den nächsten MRT-Termin, dass ich schon etwas skeptisch bin. Hätten die Dortmunder selber daran gedacht, dass bald acht Wochen seit Viannes Rücken-OP vergangen sind und die nächste Bildgebung ansteht? Ich weiß es nicht. Ihnen sollte doch am ehesten bewusst sein, dass es schwer ist, kurzfristig ein MRT anzumelden. Als ich unseren Arzt auf das anstehende MRT ansprach, meinte er, ich solle es über die Sekretärin anmelden lassen. Und die hatte in der Tat ein Problem, noch einen Termin für uns zu bekommen. Auch nach der ersten Blutuntersuchung nach Temodal-Gabe hat niemand angerufen, um die Ergebnisse mitzuteilen. Letztendlich habe ich nachgefragt und mir die Werte durchgeben lassen. Mittlerweile weiß ich schon, welche Leukos, Thrombos ganz gut sind. Ich weiß letztendlich aber nicht, was sie braucht, um in die nächste Runde zu gehen. Ich habe keine Ahnung, ob überhaupt irgendjemand darauf geschaut hat. Es gab auch keine körperliche Untersuchung, kein Abhorchen, kein "In-den-Rachen-schauen". Ich weiß nicht, ob so etwas vonnöten ist, aber wir verabreichen ihr schließlich keine schnöden Nasentropfen, sondern ein Chemotherapeutikum. Was ist mit den sechswöchigen neurologischen Untersuchungen, die vor den Rezidiven regelmäßig anstanden? Gilt das für uns nun nicht mehr, weil wir nicht mehr nach der ursprünglichen Studie behandelt werden? Je mehr ich hier meine Gedanken aufschreibe und ordne, desto wütender werde ich und und desto mehr reift der Entschluss, all diese Fragen morgen mal anzusprechen.

Nun aber zur Hauptperson: Vianne geht es zum Glück nach wie vor anscheinend gut. Ada hatte sich zum Ende der Woche einen fiebrigen Infekt mit Heiserkeit und Halsschmerzen eingefangen. Gestern Abend bekam Vianne Fieber und hatte die gleichen Symptome. Richtig besorgt bin ich nicht, das Fieber ist auch schon wieder weg, aber natürlich mache ich mir bei ihr mehr Gedanken als bei den anderen Kindern. Gestern kam sie ganz stolz zu mir: "Mama, ich weiß, was Pferd auf Englisch heißt." "Na was denn?", wollte ich neugierig wissen. "Horst!", kam es triumphierend. Ich musste so laut lachen. Gestern war überhaupt ein spannender Tag: Ada und Vianne hatten ihr Schulspiel. Immer zwei Kinder gingen gemeinsam mit einer Lehrerin mit, um kleine Aufgaben zu meistern. Hand in Hand wagten sich meine Mädels zusammen vor. Sie waren so herrlich aufgeregt und voller Vorfreude. Es war schön (und traurig) zugleich. Wird Vianne überhaupt nächstes Jahr die erste Klasse besuchen können? An sich ist die Einschulung so eine wunderbare Sache - bei uns wird sie überschattet von der Angst vor Viannes Zukunft. Diese widersprüchlichen Gefühle sind so schmerzhaft. Dabei ist sie so ehrgeizig. Das ist auch der Lehrerin sofort aufgefallen. Ich bin so stolz auf meine Mädels – sie haben die Aufgaben (jede im Rahmen ihrer Möglichkeiten) gut gemeistert. Vianne hat etwas Nachholbedarf im Bereich der visumotorischen Koordination und der Raum-Lage-Erfassung, ansonsten ist sie aber fit. Diese Defizite kommen wahrscheinlich daher, dass die Feinmotorik ihrer rechten Hand etwas eingeschränkt ist und sie nun die linke Hand zum schreiben, schneiden und für weitere feinere Tätigkeiten benutzt, obwohl sie von Natur aus Rechtshänderin ist. Ich finde es erstaunlich, dass sie trotz drei schwerer Operationen, einer "Hammer"-Chemotherapie und einer Bestrahlung insgesamt so fit ist. Es ist einfach bemerkenswert, dass sie so gut mitgemacht hat, obwohl sie bereits den Infekt in sich hatte und daneben derzeit unter einer - wenn auch sanfteren - Chemo steht. Wenn jemand meinen uneingeschränkten Respekt hat, dann Vianne, diese wunderbare kleine Kämpferin. Aber ich bin auch unglaublich stolz auf Ada, Jesse und Luke, die trotz der mentalen Belastung immer wieder gute Ergebnisse erzielen.


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