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30. Oktober 2016

Alternative Wege



Rückblick:  August 2014


Die Essener Professorin war mit ihrer Empfehlung zur weiteren Behandlung sehr zurückhaltend gewesen. Die Dortmunder sprachen sich hingegen ziemlich klar aus: sofortige orale Chemotherapie mit Temodal und dazu die cranio-spinale Bestrahlung. Wir fragten und hinterfragten, argumentierten, diskutierten. Micha und ich konnten der Empfehlung dieses Mal nicht folgen - für Vianne standen zu hohe Nebenwirkungen und Folgeschäden auf dem Plan, insbesondere durch die Bestrahlung. Beim ersten Mal hatten wir doppelt Glück gehabt, weil Vianne mit Protonen bestrahlt worden ist (für das umliegende Gewebe schonender als Photonen) und weil keine sensiblen Bereiche in der Strahlenbahn lagen. Bei der cranio-spinalen Bestrahlung hingegen bot sich laut herkömmlicher Meinung keine Protonentherapie an, weil das komplette Hirnwasser-System behandelt werden muss. Nach der Einnahme von Temodal war es bei einigen Patienten zu akutem Leberversagen gekommen. Andererseits konnte uns niemand versprechen, dass die angebotenen Therapien Viannes Krebszellen aufhalten. Temodal wirkt bei circa 25 Prozent der Patienten. Die Daten über die Bestrahlung gehen auseinander: Franzosen und Amerikaner versprechen sich Erfolge, die Deutschen weniger.

Es musste doch eine Alternative geben. Wir stürzten uns in die Homöopathie und lasen uns in anthroposophische Schriften ein, wir besorgten uns etliche Fachliteratur zur Ernährung und zur Visualisierung/Meditation. Wir wollten unseren eigenen Weg finden. Meine Schwester entdeckte im Netz die "Gesellschaft für biologische Krebsabwehr". Wir ließen uns diverse Schriften schicken, machten mit den dort tätigen Ärzten einen telefonischen Beratungstermin aus. Wir arbeiteten uns Tag und Nacht in die alternativen Möglichkeiten zur Krebsbekämpfung - abseits der Schulmedizin - ein. Wir setzten all unsere Hoffnung in das Beratungsgespräch mit dem Herdecker Anthroposoph und Onkologe. Er sagte uns, wir kämen um eine chemotherapeutische Behandlung nicht herum - und würde er auf sein Bauchgefühl hören, wäre das noch zu wenig. Sogar er riet zu den beiden aggressiven Therapien: Chemo und craniospinale Bestrahlung. Wir saßen nach diesem Gespräch im Auto und  heulten. Alles in uns sperrte sich gegen diese Behandlungen. Nein, wir wollten sie Vianne nicht zumuten. Es ging ihr doch gerade so gut: die Narbe war bereits blasser geworden, die Haare wuchsen. Vianne war voller Energie, besuchte wieder den Kindergarten. Wir gingen schwimmen, fuhren zum Wakeboarden an den See, trafen uns mit Freunden.


Ich wollte einen anderen Weg gehen. Zuerst änderten wir im Laufe der kommenden Woche unsere Ernährung, denn gewisse Stoffe - wie Industriezucker – stehen im Verdacht, die Entstehung/Vermehrung von Tumorzellen zu begünstigen, andere wiederum schützen unseren Organismus davor. Gemeinsam mit den Kindern beschlossen wir, gewisse Lebensmittel zu verbannen, untersuchten gemeinsam, wo und in welchen Mengen Zucker und andere schädliche Zusatzstoffe vorhanden sind - und waren erschrocken. Wir begannen, Brot selber zu backen. Die nächste Zeit war ich hauptsächlich mit Einkauf und Essenszubereitung beschäftigt. Ich meldete Ada und Vianne vom Kindergartenessen ab, erläuterte den Erzieherinnen unsere neue Ernährungsweise und bat sie, darauf Rücksicht zu nehmen. Auch hier unterstützten sie uns wieder vorbehaltlos. Nach anfänglichen Startschwierigkeiten (und Murren) gewöhnten sich alle Familienmitglieder an die neue Situation. Es klappte erstaunlich gut. Aber wir machten auch Ausnahmen, zum Beispiel, wenn die Kinder auf einem Kindergeburtstag eingeladen waren. Fast jeden Abend führte ich mit Vianne im Bett eine Visualisierung durch. Wir stellten uns vor, wie das Sternenlicht ihr Köpfchen durchdringt und seine wohltuende Wirkung entfaltet, alle Hirnzellen gesund hält,

sie stark und kräftig macht. Die Sternenlichter planschen im "Hirnwassersee", spielen in den entlegensten Hirnschlingen und -furchen verstecken oder lassen sich im "Hirnwasserfluss" außen an der Schädeldecke entlang treiben. Überall trafen sie auf gesunde Zellen, die in ihrem heilenden Licht schimmerten. Leider vergaßen wir die Wirbelsäule...

Ich glaubte so sehr an "unseren" Heilungsweg, Micha allerdings war nicht so sehr davon überzeugt, trug es aber erst einmal mit. Wir einigten uns, zumindest das nächste MRT abzuwarten, um dann den weiteren Weg erneut zu überdenken. Es gab so viele Spontanheilungen, die sich die Schulmediziner nicht erklären konnten. Warum sollte Vianne nicht auch ihre Selbstheilungskräfte entfalten können? Ich bin nicht im herkömmlichen Sinne gläubig. Aber ich glaube an gewisse Kräfte im Universum, in den uns umgebenden Elementen, an ein gewisses Zusammenspiel, das sich nicht erklären lässt.

Der zweite Rückfall kam rund acht Wochen später, am 9. September 2014. An der Wirbelsäule. Am Rückenmark. Nicht nur der Rückfall an sich nahm mich mit, sondern auch das Gefühl, versagt zu haben.


Hier schließt sich nun der Kreis, ihr treuen Leser. Dieses war der letzte fehlende "Rückblick": Vergangenheit und Echtzeit haben zueinander gefunden - auch wenn die meisten "Echtzeit-Einträge" nun auch schon wieder der Vergangenheit angehören . Welch faszinierende Sache diese Zeit doch ist... Ich gönne mir nun

eine Auszeit - bis zur nächsten Echtzeit!




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