Echtzeit! 26.
Oktober 2014
Es
kommen so viele neue Informationen bezüglich Viannes weiterer Behandlung
zusammen, und trotzdem geht es nicht richtig voran. Es stört mich einerseits nicht,
weil ich diese Schonzeit genieße und Angst vor den kommenden Behandlungen habe.
Vianne geht es ja augenscheinlich gut. Aber wir wissen schließlich, dass das trügerisch
sein kann - das ist das "andererseits". Am Freitag nahm Vianne
gemeinsam mit Ada das erste Mal nach der Wirbelsäulen-OP am
Kindergarten-Schwimmkurs teil. Sie war stolz und glücklich. Beim Ausziehen bemerkte
ich allerdings, dass ihre Narbe im unteren Nackenbereich entzündet ist. Die
Essener hatten nun schon das zweite Mal einen Faden übersehen. Arghhhh! Das war
uns! vor einer Woche aufgefallen. Die Dortmunder schauten sich die Stelle an
und meinten, der Faden wäre schon sehr verwachsen, da müsse man wohl mit dem
Skalpell ran. Wir entschieden gemeinsam, dass der Faden erst entfernt wird,
wenn sie das nächste Mal eine Narkose bekommt. Allerdings war die Stelle da
noch komplett reizlos. Mist! Am nächsten Dienstag sind wir sowieso wieder in
der Klinik, dann sehen wir weiter.
Unsere
Ärzte haben uns mitgeteilt, dass sie nun doch keinen Widerspruch bei der
Krankenkasse wegen der abgelehnten Vorinostat-Behandlung einlegen werden. Es
gibt nämlich neue Erkenntnisse von einer internationalen Tagung in Toronto, auf
der auch einer unserer Ärzte ist. Die neuesten Datenauswertungen belegen,
dass eine Re-Bestrahlung bei einem rezidierten Ependymom doch signifikant
bessere Heilungschancen zeigt als bisher angenommen. Somit steht die
Bestrahlungsoption wieder an erster Stelle. Zudem sollten wir unser
"Pulver nicht (vorzeitig) verschießen" und uns die Aussicht auf eine
spätere (von der
Krankenkasse
bezahlte) Vorinostat-Behandlung offenhalten, falls die Bestrahlung versagt.
Okay. Ich mische mich da nicht mehr ein. Ich glaube, das hat mit dem tiefen
Vertrauen zu unserem Dortmunder Duo zu tun, das sich im Laufe der letzten zwei
Jahre immer weiter gefestigt hat. Sie haben aber auch sehr viel dafür getan, unser
Vertrauen zu gewinnen. Sie haben sich immer für uns eingesetzt (trotz eines
sicherlich hohen Arbeitspensums), waren auch außerhalb der Arbeitszeiten oder
während Tagungen im Ausland erreichbar und haben auf Nachfrage zeitnah
Rückmeldung gegeben. Auch die neuesten Erkenntnisse aus Toronto ließ Prof. S.
uns weiterleiten, noch während er vor Ort war. Ich glaube, wir sind ein gutes
Team und ziehen gemeinsam an einem Strang. Das merken wir auch bezüglich der
Frage, wer bestrahlen wird. Während Dr. B. nochmals in Essen wegen der
Photonenbestrahlung nachhakte, hat Prof. S. zeitgleich mit Prof. T. in Toronto über
die Möglichkeit der Protonenbestrahlung in Viannes Fall (trotz des
cranio-spinalen Feldes) gesprochen. Daneben hat Dr. B. Kontakt zur Düsseldorfer
Strahlenklinik aufgenommen, die sich derzeit Viannes Bestrahlungsplan
anschaut. Jeder ist aktiv, jeder ist bemüht, zu helfen. Alles andere liegt -
wie gesagt – nicht in unserer Hand, ganz gleich ob wir uns einmischen oder
nicht.
Am
letzten Donnerstag und Freitag waren wir vormittags bei unserer lieben Kunsttherapeutin,
die mit Vianne spielerisch die Maskenanpassung für die Bestrahlung proben
wollte. Am Donnerstag war Vianne eingeschüchtert und wollte nicht. Wir waren
auch schon länger nicht mehr bei K. gewesen. Sie brauchte Zeit, sich zu akklimatisieren.
Die haben wir ihr gegeben. Vianne und ich haben in dieser Stunde gemeinsam ein wunderbares
Bild mit Wasserfarbe gemalt. Wir haben es Waldspaziergang getauft. Am Freitag
durfte K. dann doch mit der Gipsmaske beginnen, nachdem sie mir
zuvor auf Viannes Wunsch mein Kinn eingegipst hatte. Ich sah wirklich lustig
aus. Allerdings weigerte Vianne sich, sich bei der Maskenanpassung hinzulegen.
Das Hinlegen hat für sie noch immer etwas mit "sich hingeben",
"sich ausliefern" zu tun, und damit hat sie verständlicherweise Probleme.
Also legte K. die Gipsbinden im Sitzen auf, während ich Vianne "Wir Kinder
aus Bullerbü" vorlas. Sie hielt ganz ruhig. K. und ich waren gleichermaßen
stolz auf die Maus. Nachdem sie erlebt hat, dass das Anfertigen der Gipsmaske
nichts Gefährliches ist, legte sie sich zum Ende der Stunde doch einmal
probehalber hin. Am Dienstag wollen wir dann einen neuen Versuch komplett im
Liegen starten. Ich bin zuversichtlich
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