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17. Juli 2016

Geschafft!



Echtzeit!  16. September 2014

Wir sind unendlich erleichtert: Vianne hat die OP gut überstanden. Ohne offensichtliche Schädigung! Ohne bisherige Komplikationen. Der Tumor ist draußen - komplett, wie das postoperative MRT bestätigt hat. Ich ziehe meinen Hut vor den Neurochirurgen. Nach knapp vierstündiger Operation kam am Dienstagmittag schließlich der erlösende Anruf von Prof. S.. Micha und ich liefen gerade durch einen nahe gelegenen Park. Ich hatte nicht mehr still sitzen können.
Bereits um sieben Uhr bekam sie am OP-Tag ihren blauen "Schlumpfsaft". Er muss wirklich übel schmecken, denn beim zweiten Teelöffel musste sie bereits würgen. Aber tapfer hat sie das Beruhigungsmittel schließlich herunter gebracht. Dann ging alles ganz schnell. Kurz bevor wir uns auf den Weg zum OP-Bereich machten, kam Micha. Er hatte noch so lange nach einem Parkplatz gesucht. Ich war heilfroh, dass er nun an unserer Seite war. Er trug Vianne in ihrem "OP-Kleidchen" auf dem Arm, ganz behütend, ganz innig. Sie war noch viel zu wach, als wir mit dem Aufzug nach unten fuhren. "Hast du Angst?", fragte ich sie. „Nein", kam die prompte Antwort. Der Moment des Abgebens ist und bleibt schrecklich. Vianne weinte und klammerte sich an Micha und mich. Aber der Anästhesist nahm sie ganz fürsorglich auf den Arm, sprach ruhig auf "Emma" (sie heißt Vianne!!) ein und ging mit ihr davon. Micha und ich verließen ebenso schnell den Vorbereitungsbereich, weil wir ihr Weinen nicht mehr ertragen konnten. Wir hätten sowieso nicht zu ihr gedurft. Die Räumlichkeiten geben es in Essen nicht her, dass die Eltern bei der eigentlichen Narkoseeinleitung dabei sind, denn der Vorraum liege zu weit vom OP-Saal entfernt, hatte uns eben jener Anästhesist im Vorgespräch erklärt. Natürlich hatten wir wieder nachgefragt, ob wir dabei sein können. Ein Satz überzeugte mich allerdings: "Es ist immer gut, die Leute die Dinge so machen zu lassen, wie sie sie kennen."
Wir flüchteten in den Wald. Vianne tat uns so unendlich leid. Tränen kamen. Wir wanderten weiter. Irgendwann entdeckten wir einen kleinen Tümpel mit Enten und Fischreihern - ein beschaulicher Ort, der uns etwas innere Ruhe schenkte. Nachdem Micha durchgefroren genug war, holten wir uns einen Kaffee im Studentencafé und kehrten auf unser Zimmer zurück. Mittlerweile war eine ältere Dame dazugekommen. Also ab in den Aufenthaltsraum, wo es uns aber auch nicht lange auf den Stühlen hielt. Wir machten uns wieder auf den Weg nach draußen - in die Sonne! Und dann kam der Anruf.
Wir durften dieses Mal sofort zu ihr auf die Intensivstation. Sie war noch intubiert. 


Ich fand den Anblick nicht verstörend, Vianne wirkte so friedlich. Die Ärzte und Schwestern auf der Intensivstation sind alle unglaublich freundlich und extrem tiefenentspannt. Das überträgt sich. Sie erklärten uns Dinge ausführlich, zum Beispiel, dass Kinder anders aus der Narkose aufwachen als Erwachsene, dass sie nicht langsam, sondern plötzlich wieder zu sich kommen und dann sehr desorientiert sind. Sie rieten uns davon ab, bei der Extubation im Raum zu bleiben. Ich konnte aber nicht anders. Ich wollte, dass Vianne mich als erstes sieht, wenn sie aufwacht. Ich war aber auch neugierig, wie so eine Extubation von statten geht, obwohl sich das jetzt komisch anhört. Ich gehe den Dingen gerne auf den Grund - das war schon immer so. Für mich ist es besser, gewisse Szenen mit eigenen Augen zu sehen. Denn die eigene Phantasie und Vorstellungskraft schafft manchmal weitaus schrecklichere Bilder... Als Vianne wach wurde, ging ich zum Fußende des Bettes und schaute ihr direkt in die Augen. Sie wollte sich den Tubus aus dem Hals ziehen, war aber zum Glück an den Händchen fixiert. Ich sagte ihr noch, sie solle dem Arzt vertrauen, gleich würde er das Ding aus ihrem Mund wegmachen. Sie schaute zwar noch immer sehr verängstigt, wurde aber ruhiger. Die Extubation ging relativ schnell. Ich empfand es wirklich nicht befremdlich. Ich war froh, Vianne wieder eigenständig atmen zu hören.





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