Dienstag, 30. Juni - Sonntag, 5. Juli
Der
Hopfensee liegt sanft eingebettet zwischen Feldern, Wiesen, Wald und
Schilfgras, im Hintergrund die beeindruckende Alpenkulisse. Bisher kannten wir
das Allgäu nur von der Durchreise in den Skiurlaub - ein schönes Fleckchen
Erde. Wir alle fühlten uns auf Anhieb wohl auf dem Campingplatz direkt am See.
Wir bekamen einen guten Stellplatz nah am Wasser. Während Micha und ich uns einrichteten,
machten sich die Kinder auf zum Badeplatz und kamen etwas später zufrieden
grinsend zurück. Es gefiel ihnen. Ursprünglich hatten wir den Platz nur bis
Donnerstag gebucht, wir verlängerten aber bereits bei der Ankunft bis Sonntag,
weil wir uns hier einfach "sauwohl" fühlten. Die nächsten Tage warfen
wir uns abwechselnd vom Steg ins Wasser, strolchten durchs Schilf auf der Suche
nach Schätzen (Seerosenblatt, Fische...), paddelten auf unserem aufblasbaren
Hai (Jesse hatte ihn extra für die Mädels aus Füssen besorgt) oder dösten auf
unseren Badetüchern bei über 30 Grad Celsius. Wir lachten uns schlapp, weil
jemand am See Michas Uralt-Badelatschen (die vorne schon von der Katze angeknabbert
waren), mitgenommen hatte. Wir frühstückten spät und ausgiebig
und bereiteten uns abends leckere Kleinigkeiten im Wohnmobil oder draußen auf
dem Grill zu.
Der
Campingplatz hatte viel zu bieten: eine große Indoorspielhalle, einen
Tennisplatz - über den mich Jesse gnadenlos in der Abendsonne jagte und
natürlich haushoch gewann - ein schönes Hallenbad mit Blick auf das Alpenpanorama,
ein Zwergerl-Bad für die kleinen Schwimmmäuse, Kino, Wellness,
Bastelangebote... Vianne ging es relativ gut, aber sie war schnell müde.
Während Luke und Ada durch die Spielhalle tobten, erkundete sie sehr verhalten
die Geräte, mied Trampolin und Rutsche und orientierte sich eher an dem
Spielbereich für jüngere Kinder. Wieviel Kraft ihr das alles abverlangt haben
muss... und trotzdem war sie mit dabei. Auch im See badete sie selten, sie ging
lieber nur mit den Füßchen ins Wasser, obwohl es so unglaublich heiß war. Sie
war mittlerweile so dünn geworden. Sie futterte zwar nach wie vor ihre Pommes,
trotzdem schien sie immer weniger zu werden, wahrscheinlich von dem immer
wiederkehrenden Erbrechen der letzten Tage/ Wochen (obwohl ihr am Hopfensee
etwas Ruhe gegönnt war) oder von der Krankheit an sich. Vielleicht war ihr der
See einfach zu kalt, weil sie so dünn war. Oder der unebene Untergrund machte
ihr zu schaffen und sie fühlte sich unsicher. Also blieb einer von uns mit ihr
am Seeufer, während die Übrigen badeten. Aber auch das war lustig. Wir holten
uns einfach zwei Wassereimer zu unserem Liegeplatz und ließen Adas kleine Hunde
und Viannes kleine Katzenfiguren darin schwimmen. Sie kicherte so herzlich, wenn
die Tiere "Blödsinn" machten. Ich dachte mir immer neue Abenteuer mit
der Hunde- und Katzenfamilie aus, weil ich ihr helles Lachen weiter hören
wollte. Es war ein schöner Moment am See... Später wollte Vianne unbedingt ins
Hallenbad. Wir machten uns zu zweit auf, nur sie und ich. Im Hallenbad hatte
sie keine Scheu, ins Wasser zu gehen. Seelig ließ sie sich mit ihren
Schwimmärmchen treiben und spielte im Zwergerlbad mit dem Wasserrad oder
kletterte auf die kleine Burg im Becken. Sie wirkte zufrieden und entspannt und
ich genoss jede Sekunde mit ihr, zog sie durchs Wasser, spürte ihre kleinen
Ärmchen um meinen Hals. Zufrieden kehrten wir zum Wohnmobil zurück. Die übrigen
Kinder protestierten natürlich lautstark, dass wir sie nicht mitgenommen
hatten. Aber ich brauchte diesen Moment allein mit Vianne. Wir holten den
Schwimmbadbesuch mit allen am nächsten Tag nach.
Der
Urlaub war schön und seltsam zugleich. Es herrschte Urlaubsstimmung, und
gleichzeitig war da die ständige Angst und Sorge um Vianne und das nüchterne
Wissen, dass sie bald sterben wird - auch wenn wir daran keinen Gedanken
verschwenden wollten. Aber unsere Notfall-Medizintasche war unser ständiger Begleiter.
Für
zwei Tage liehen wir uns Fahrräder am Hopfensee aus: Vianne saß im Anhänger,
Ada hatte ein Fahrrad, das wir an meinem anhängen konnten. So machten wir uns
auf Richtung Neuschwanstein. Wir fuhren durch schattige Wälder, vorbei an
Kuhweiden und Wiesen. In Füssen radelten wir mit unseren Rädern zur Abkühlung
unter dem Springbrunnen durch (sich drehende Stelen, aus denen Wasserfontänen
spritzten) - Vianne quietschte, Ada beschwerte sich lautstark. Schließlich
kam Schloss Neuschwanstein in Sicht. Der Parkplatz unterhalb des Schlosses war
uns zu touristisch, auch wollten wir das Schloss nicht von innen betrachten.
Deshalb fuhren wir weiter zur nahe gelegenen Bergbahn, raus aus dem Gewühl.
Unterwegs kamen wir an einem klaren, kalten Gebirgsbach vorbei - wir lieben diese
Bäche - und ließen uns dort erst einmal nieder. Die Jungs bauten Staudämme, Ada
ging auf Entdeckungstour, ich saß mit Vianne auf einem Felsen im Schatten und
wir ließen unsere Füße in den Gebirgsbach baumeln. Dermaßen erfrischt ging es
schließlich weiter. Noch vor der Talstation entdeckten wir eine idyllische Berghütte,
von deren Terrasse aus man einen noch schöneren Blick auf das Schloss hatte.
Wir futterten Schmalzbrote
und Gulaschsuppe. Die nette Wirtin teilte uns mit, dass die Bergbahn schon bald
schließen würde, so dass wir besser an einem anderen Tag hochfahren sollten.
Also machten wir uns irgendwann wieder auf den Rückweg zum Campingplatz, wo die
Kinder noch am Abend in den See hüpften. Vianne fühlte sich zwar wohl im Fahrradanhänger,
brauchte aber nach dem Ausflug erst einmal ein wenig Ruhe.
Am
nächsten Tag schwangen wir uns wieder auf die Räder und fuhren direkt zur
Tegelbergbahn, um mit der Gondel auf den Gipfel zu fahren. Ich hatte im Vorfeld
im Krankenhaus nachgefragt, ob der Höhenunterschied bei Vianne Probleme
verursachen könnte, aber die Ärzte gaben uns grünes Licht. Also nichts wie rauf
auf den Berg. Der Ausblick war grandios: unzählige Seen, zahlreiche Paraglider,
die Zugspitze... Wir schoben Vianne in dem umgebauten Fahrradanhänger immer weiter
den Bergpfad hinauf. Oben machten wir ein kleines Picknick. Vianne wirkte so
vergnügt. Sie guckte uns verschmitzt an und rief auf einmal lauthals: "Es
schneit, es schneit, der Winter ist da." Dann gluckste sie vor Lachen. Sie
hatte diesen Ausruf einmal auf einer Kinderhörspiel-CD gehört. Ein kleiner Junge fragt
seinen Vater, ob er sich traut, mitten im Sommer lauthals "es schneit, es
schneit..." zu schreien.
Wir lachten und konnten gar nicht mehr aufhören zu lachen. Während Micha sich
mit Luke, Ada und Vianne wieder an den Abstieg machte, kletterten Jesse und ich
über einen Klettersteig bis zum Gipfelkreuz hoch. Nach einer kleinen Stärkung
auf der Bergstation-Hütte fuhren wir gemeinsam wieder ins Tal und über den
Forggensee zurück zum Campingplatz. Vianne wirkte auf einmal schlapp und müde, so dass wir uns
beeilten.
Fortsetzung
folgt!
Wir hatten im Hotel Montafon auch ein tolles Hallenbad, welches ich ständig genutzt habe.
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