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17. April 2017

Echtzeit! Müdigkeit



Dienstag, 23. Juni 2015


Vianne ist müde - wir sind müde - das Wetter macht müde. Gerade musste ich wirklich überlegen, welchen Wochentag wir haben: wir sortieren die Zeit  momentan nur noch nach Abschnitten, in denen es Vianne gut geht und nach Abschnitten, in denen es übel ist. Es wird keinen überraschen, dass wir nach den relativ entspannten letzten Tagen einen ziemlichen Einbruch hatten. Es deutete sich schleichend an: Müdigkeit, morgendliches Erbrechen, Appetitlosigkeit: und dann war sie da - diese monströse Schmerzattacke. Vianne hatte sich gestern zum Mittagsschlaf in unser Bett gekuschelt. Nach mehreren Stunden wurde sie wach und kreischte vor Schmerzen. Ich gab ihr nacheinander den Schmerzsaft und etwas später erstmalig wieder Cortison, welches sie aber kurze Zeit später schwallartig erbrach. Mit einem schreienden Kind auf dem Arm telefonierte ich mit Arzt und Krankenschwester vom Palliativdienst. Zum Glück waren Oma und Opa da und hielten uns den Rücken frei. Es ist so unglaublich schwer, Ruhe zu bewahren, wenn dein Kind vor Schmerzen kreischt. Der Druck im Kopf muss gestern wahnsinnig hoch gewesen sein. Nach einer weiteren Gabe der zuvor erbrochenen Medikamente bekamen wir den Schmerz endlich in den Griff. Zwei Stunden später tanzte Vianne popowackelnd nach "I feel good" (sie hatte damals nach Beendigung der schweren Chemotherapie dieses "rockende und singende" Plüschschaf von Lilli geschenkt bekommen) durch die Küche. Beim dritten Durchgang setzten Ada, Micha und ich mit ein - irgendwo zwischen  Erleichterung, dass es Vianne wieder besser geht und ganz nah am Wahnsinn. Ganz gleich, wie schlecht sich Vianne fühlt: ihren Humor hat sie noch nicht verloren. Als sie kürzlich wieder bei uns im Bett geschlafen hat, meinte sie direkt nach dem Aufwachen: "Mama, wo ist denn Papa?" "Der ist oben, ich glaube, dem war es zu eng hier." Vianne kichernd: "Ja wenn du dich auch so breit machst..."

Wir sind nun auf ein tieferes Level gerutscht: die dauerhafte Schmerz-Medikation. Bisher hatten wir den Luxus, ihr die Mittel nach Bedarf geben zu können. Diese Zeit scheint vorbei. Es soll sich erst gar nicht noch einmal solch eine Schmerzspitze aufbauen. Das heißt aber auch für Vianne, mehrmals täglich widerlich schmeckende Tabletten - zerdrückt oder in Flüssigkeit aufgelöst - zu schlucken. Sie muss sich jedes Mal überwinden. Scheiße. Heute sagte sie wieder zu mir, dass sie nicht sterben will. Ich hätte meinen Kopf in die Wand rammen können... Insgesamt geht es Vianne wieder besser. Ihre Stimmungsschwankungen sind jedoch anstrengend - für alle Familienmitglieder. Gerade kam Micha nach Hause. Ada begrüßte ihn erfreut und meinte dann skeptisch: "Wo kommst du denn her? Du siehst so bürolich aus." Ich liebe diese kleinen leichten Momente... Nächstes Ziel: Urlaubstour! Damit die Müdigkeit verfliegt...



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