Echtzeit! Dienstag, 14.
Oktober 2014
Wenn
du weder weißt, welcher Wochentag noch welches Datum gerade ist, bist du im Urlaub
angekommen. Dieses Mal habe ich etwas länger gebraucht - aber ich bin
angekommen. Erst hier merke ich, wie ausgezerrt wir alle waren/sind. Meine
Nerven liegen leider oftmals blank, ich bin gereizter als früher. Heute habe
ich Ada und Vianne angemeckert, weil sie es geschafft haben, Kleider, Schuhe,
Hosen, Hände innerhalb weniger Minuten komplett mit Schlamm einzusauen. Hallo!
Es ist nur Schlamm! So bin ich eigentlich nicht. Diese unbändige Wut auf die
Krankheit kommt gerade im Angesicht von Sonnenlicht, türkisfarbenen Wasser und
Salzluft stärker durch, als ich es erwartet hätte. Vianne geht es gut. Sie
lacht viel und ist vergnügt. Mich überfällt tiefe Traurigkeit, wenn ich sie so
ausgelassen sehe. Das muss aufhören, das weiß ich – das wissen wir.
Unser
erstes Ferienhaus direkt am Meer, oberhalb einer wunderschönen Bucht, war
einfach nur traumhaft und Antoni, unser Vermieter, sympathisch und
unkompliziert. Flug und Ankunft auf Mallorca liefen zuvor wie am Schnürchen,
natürlich schlummerten beide Mäuse fünf Minuten vor der Landung ein. Vianne mag
das Fliegen. Ada liebt es! Ich liebe ihre rotzig-pragmatische Art. Als die
Sicherheitsvorkehrungen vorm Start erklärt wurden, schaute Ada mich an und
meinte, wofür man denn Notrutschen bräuchte, wenn man in der Luft sei:
"Hä??? Sind die doof! Man kann in der Luft gar nicht rutschen, ne Mama? Wo
soll man da denn hinrutschen?" Vor lauter Lachen bekam ich keine Luft. Mit
unseren Mietwagen fuhren wir als erstes in eine Bucht, die wir von früher
kannten. Die Kinder sprangen schon am frühen Morgen ins Wasser, Micha und ich verspeisten
genüsslich Baguette, Käse, Tomaten. Danach wanderten wir über die Klippen und
genossen den Ausblick. Wir fühlten uns in unserer Unterkunft so wohl, dass wir
meistens erst am frühen Nachmittag los kamen (direkt nach den ausufernden
Frühstücken auf unserer Dachterrasse mussten wir uns schließlich im Pool
abkühlen). Unsere Nachbarn flogen fast alle am nächsten Tag, dem Samstag,
zurück, so dass wir bestens mit Lebensmitteln und Pool-Spielzeug bedacht
wurden. Wir unternahmen viele Ausflüge, und Vianne hielt tapfer mit. Besonders
gut hat uns eine abgelegene Aussteiger-Bucht gefallen (gelobt seien die
Luftbilder und Karten, die man sich aufs Handy laden kann). Nachdem wir über
einen langen, buckligen Feldweg mit unseren Mietwagen gefahren waren, kamen wir
endlich in Meernähe. Dann stand ein rund zwanzigminütiger Fußmarsch über
unwegsames Gelände an. Der Trampelpfad führte uns durch eine Schlucht, die in
einen kleinen, von Felsen gesäumten Sandstrand mündete. Am Strand war eine
Slagline an zwei abgesägten Holz-Telegrafenmasten gespannt, die gleich von Luke
getestet wurde. An einer zusammen gezimmerten Holztheke gab es Getränke, in den
umliegenden Büschen waren provisorische Unterkünfte aufgebaut und Zelte
gespannt. Überwiegend Zwanzigjährige hingen hier in Grüppchen
ab, aber auch einige entspannte ältere Semester und Familien trafen wir an. Der
gesamte Ort strahlte pure Gelassenheit aus. Wir tranken Wein direkt aus der
Flasche. Vor Einbruch der Dämmerung traten wir den Heimweg an. Vianne meinte,
der Aufstieg sei sicherlich schwierig. Aber sie schritt tatkräftig voran. An
einer besonders schweren Passage nahm Luke Vianne beiseite und sprach ruhig zu
ihr: "Vianne, guck mal, genau so steinig und steil wie der Weg hier, so
schwer ist es manchmal, den "frechen Wicht" in den Griff zu kriegen.
Aber du schaffst das. Da bin ich mir ganz sicher. Und irgendwann wird der Weg
auch wieder einfacher und leichter, genau wie hier." Wie kann es sein,
dass ein gerade Zehnjähriger solch bedachte Worte spricht. Ich weiß, dass Luke ein
feinfühliges und einfühlsames Kind ist, aber dieses Verhalten hat mich sehr
beeindruckt. Ich musste beide sofort ganz fest in den Arm nehmen...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen