Echtzeit! Oktober
2014
Wir
saugen die Wärme, den Pinienduft, das Meeresrauschen förmlich in uns auf. Wir
wollen hier nicht mehr weg. In der Tat schleicht sich der Gedanke ein, einfach
auf der Insel zu bleiben: keine Arzttermine, keine Blutabnahmen, keine
Operationen, keine Medikamente, keine MRT mehr - nur noch wir sechs in unserer kleinen
Welt. Wir wissen, dass das nicht geht, aber für einen Moment tun wir einfach
so. Auch unsere zweite Unterkunft, eine abseits gelegene Finca unterhalb des
Tramuntanagebirges, ist gut. Im rund 5000 Quadratmeter großen Garten wachsen
Kaki, Zitronen, Limetten, Orangen, Feigen und Granatäpfel, Mandeln und Äpfel.
Wir sind ganz nah an der Natur. Unser Lieblings-Familienspiel in und ums Haus:
Verstecken. Die Kleinen haben einen großen Vorteil. Nach langer Suche finden
wir sie in Schränken und Schubladen. Luke hat sich im Olivenbaum versteckt -
zusammen mit den Hühnern. Wir schmeißen uns gegenseitig in den Pool und reiten
auf unserem Krokodil. Wir grillen ein Kilo Scampis und essen Käse mit frischen
Feigen aus dem Garten. Das Tramuntana-Gebirge ist gewaltig, wir erkunden wilde
Schluchten und abgelegene Bergpfade.
Mitte
der Woche kamen Andi und Ralf nach - noch bis weit nach Mitternacht saßen wir
mit den beiden auf der großen Außenterrasse mit leckeren Begrüßungsgetränken -
wir freuen uns alle immer sehr, die beiden um uns zu haben. Ada und Vianne
fragten schon Tage zuvor andauernd, wann Andi und Ralf "denn endlich kommen",
bis es schließlich hieß: Nur noch einmal schlafen...
Alle
Kinder genossen weiterhin das Meer und die Wellen, den Sand und die Felsen. Ada
und Vianne bekamen wir kaum aus dem Wasser - das war auch okay so, obwohl wir
etwas wegen Viannes Narbe in Sorge waren. Aber sie wirkte reizlos und wir
schützten sie immer gut vor der Sonne. Dazu eignete sich ein rosa Sonnenhütchen
mit extra langem Nackenteil, das man zubinden konnte, damit der Wind es nicht
wegwehte. Vianne trug das Hütchen mit Fassung, auch wenn sie meinte, sie sehe
damit wie ein Baby aus. Sie wird halt groß, unsere Kleine. Während sich Vianne
eher vorsichtig an die Wellen herantastete, gab es
für Ada kein Halten: je wilder das Meer, desto besser. Als einmal eine große
Welle über Ada schwappte und wir alle einen Moment erschrocken den Atem
anhielten, tauchte die kleine "Krabbe" wieder auf, schüttelte sich
nur kurz und meinte: "boaaahhh, cooooool!".
Die
Kinder harmonisierten sehr. Vielleicht liegt es daran, dass uns Viannes
Erkrankung näher zueinander gebracht hat. Am Abend vor unserer Abreise feierten
wir in Jesses Geburtstag hinein. Er hatte sich ein stilvolles Restaurant -
"Joan Marc" in Inca - ausgesucht. Es war grandios: traditionelle
mallorquinische Küche mit experimentellem Einschlag - ein Genuss in jeder
Hinsicht, von den Speisen über den Service bis hin zum Ambiente. Auch Kinder
waren willkommen, und das ist in gehobenen Restaurants auch nicht immer
gegeben.
Am
nächsten Morgen ging um 8.20 Uhr unser Flieger. Ich war der Meinung, dass es
reichen würde, wenn wir um 6 Uhr aufbrechen. Micha hingegen wollte viel früher
los, aber ich kann beharrlich sein. Das führte dazu, dass wir um ein Haar unser
Flugzeug verpasst hätten. Zuerst fuhren wir an der Mietwagenabgabe vorbei und mussten
noch eine Ehrenrunde drehen, dann hatte sich beim Einchecken eine lange, lange
Schlange gebildet. Schließlich kam ein Aufruf, dass für Passagiere des Fluges
nach Hannover ein neuer Schalter geöffnet werde. Wir waren die einzigen, die
davor standen, denn alle anderen Passagiere hatten schon längst eingecheckt. Um
7.35 Uhr begann das boarding, wir gaben gerade unsere Autokindersitze beim
Sperrgepäck ab - oder wir versuchten es vielmehr. Leider mussten wir noch
einmal zum Check-In zurück, da ich dort vergessen hatte, die Sitze anzugeben.
Sperrgepäck-Aufgabe, die Zweite, klappte schließlich. Es war 7.50 Uhr. Auf zur Sicherheitskontrolle!
Wieder eine lange Schlange vor uns. Es war kurz nach 8 Uhr. Wir mussten zum Flugsteig
D. Was? 9 Minuten Wegzeit dorthin, signalisierte die Anzeigentafel. So groß
hatte ich den Flughafen
gar nicht in Erinnerung gehabt. Dann kam die Durchsage: "Last call für Mr.
and Mrs. Stember.“ „Arghhhh!" Micha schnappte sich Vianne, Jesse Ada, und
wir rannten los. Luke legte sich auf die Nase. Am Abflugbereich angekommen,
starrten uns drei Mitarbeiter leicht strafend an: "Wir wollten gerade ihre
Koffer wieder ausladen lassen...." Wir stiegen ein, und hinter uns ging
die Bordluke zu. Sämtliche Passagiere musterten uns auf dem Weg zu unseren
Sitzplätzen. "Warum die Aufregung?", fragte ich mich. Wir saßen im Flieger
und sind sogar ohne Verspätung!! gestartet. Micha und Jesse standen kurz vorm
Kollaps und sprachen den halben Flug kein Wort mit mir. Letztendlich mussten
wir aber alle lachen. Ja, es war in jeder Hinsicht ein sehr besonderer und
emotionaler Urlaub...Wir fühlen uns gestärkt!
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